Mit Lyrik wider den sog. Winter

Mein literarisches Licht leuchtet weniger als leise, beinahe unhörbar und stumm ist es geworden. Quanzland ruhet sanft im tristen Winterschlaf, auch wenn der aktuelle, sogenannte Winter nicht mehr das ist, was er einstmals gewesen ist. Kühl bisweilen, ja, dann wieder lauwarm, nass und unangenehm, nie aber wirklich winterlich: kalt, starr, weiß, klar und rau.

Über den Rest der großen Welt, die wichtigen Neuigkeiten vom Tage, der Wochen und dem Quartal, allessamt abgeschmackt und lau, weniges tragisch und zumeist theatralisch, gelüstet es mich zu schweigen, dies überhaupt zu sagen, ist beinahe zu viel des Richtigen im Falschen. Also unterlasse ich nunmehr desweiteren melancholische Banalitäten und lasse Lyrik meine Stimmung nachzeichnen und aufhellen.

Schreiblahm grüßt, Euer Satorius


Hart stoßen sich die Wände in den Straßen,

Vorn Licht gezerrt, das auf das Pflaster keucht,

Und Kaffeehäuser schweben im Geleucht

Der Scheiben, hoch gefüllt mit wiehernden Grimassen.

Wir sind nach Süden krank, nach Fernen, Wind,

Nach Wäldern, fremd von ungekühlten Lüsten,

Und Wüstengürteln, die voll Sommer sind,

Nach weißen Meeren, brodelnd an besonnte Küsten.

Wir sind nach Frauen krank, nach Fleisch und Poren,

Es müßten Pantherinnen sein, gefährlich zart,

In einem wild gekochten Fieberland geboren.

Wir sind versehnt nach Reizen unbekannter Art.

Wir sind nach Dingen krank, die wir nicht kennen.

Wir sind sehr jung. Und fiebern noch nach Welt.

Wir leuchten leise. – Doch wir könnten brennen.

Wir suchen immer Wind, der uns zu Flammen schwellt.

Ernst Wilhelm Lotz (1890 – 1914), Hart stoßen sich die Wände in den Straßen (1913)

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