Fiktionale Kleinode

Über dreifaltige Narrheit und milde Paradoxie

Etwas weniger ominös als das vorherige, erscheint das heute aufgefundene Text-Fast-Food dafür in Rückblick auf den Zusammenhang milde paradox. Wenn ein politischer Aktivist, dessen gewaltfreies Handeln ihn trotzdem zum Terroristen degradiert, nach einer über Monate unablässig fortgeführten Zitat-Anschlagserie überall in Quanzland auf einmal solche Töne, wie unten zu lesen, anschlägt, mischen sich Reue, Subversion und Radikalität untrennbar miteinander. Überdies die erste Dopplung eines Werks in dieser Folge, was entweder bedeutsam, irrelevant oder beides auf einmal sein könnte.

Einen guten Ausklang des Wochenendes, Euer Satorius


Soll ich zusammenfassen, was ich in meiner Einsamkeit und Freiheit gelernt habe? Das Gespinst des Lebens ist ein wunderbarer und sinnloser Tanz. Das Gespinst des Lebens ist ein Prozeß [sic!] mit einem beweglichen Ziel. Das Gespinst des Lebens ist ein vollkommenes Kunstwerk genau da, wo ich im Augenblick sitze. Diese Annahmen können innerhalb der Logik nicht alle zutreffen, aber sie sind trotzdem wahr. Um so schlimmer für die Logik.

 

[…]

 

Die größte Narrheit überhaupt ist die Annahme, dieser Augenblick könnte anders sein als er ist. Die zweitgrößte Narrheit ist, sich trotzdem für den Augenblick, so wie er ist, die Schuld zu geben. Die drittgrößte Narrheit ist, einen anderen Sündenbock zu finden. Die erste Narrheit heißt Phantasie [sic!, auch wenn es so schöner aussieht], die zweite Gewissen und die dritte Weltverbesserei. Diese Narrheiten sind allesamt Perversionen der Sprache, die auf dem Unterschied gründen zwischen dem, was wir uns vorstellen können und dem, was wir tatsächlich vorfinden und ertragen. Gerade diese Sprachperversionen haben uns zu Menschen gemacht und vielleicht machen sie uns eines Tages zu mehr als das. Wären wir völlig gesund, würden wir nie über etwas anderes nachdenken als das, was wir vorfänden und ertrügen, so wie andere Tiere.

 

Robert Anton Wilson (1932 – 2007), Die Illuminaten-Chroniken Band 3 – Der Schöpfer: S. 119f. (1992)

 

Etwas Ominöses für Zwischendurch

Die Frequenz der sog. Gedanken-Attentate unseres unbekannten Textspenders nahm zwar ab und der Sinn seiner Taten erschließt sich kaum mehr, aber er macht beharrlich weiter und fährt in seinem ominösen Tun fort. Schlau werde aus diesem Text-Fast-Food, wer will:


 

Was empfindet man? Was sieht man? Wunderbare Dinge, nicht wahr? Außergewöhnliche Schauspiele? Ist es wirklich schön? Und wirklich schrecklich? Und wirklich gefährlich? – Dies sind die gewohnten Fragen, welche die Unerfahrenen mit  einer gewissen, mit Furcht vermischten Neugier an die Eingeweihten richten. Man könnte sagen, es sei eine kindliche Ungeduld, etwas zu erfahren, wie sie beispielsweise bei Leuten, die ihre Ecke am Kamin nie verlassen haben, vorkommt, wenn sie sich einem Menschen gegenüber sehen, der aus fernen und unbekannten Ländern zurückkehrt.

 

Charles Baudelaire (1821 – 1867), Die künstlichen Paradiese: S. 23. (III. Das „Theatre de Seraphin“; 1860)

 

#2/12 – Hört, hört: Ein Erstling kann beschaut werden

Stolz präsentiere ich hier direkt im Anschluss an den gestrigen Auftakt und ohne viele einleitende Worte den zweiten Teil der Erstlingsbeschau für Neugierig.

Viel Spaß beim beschaulichen Lesen, Euer Satorius


Die Heimkehr des verspannten Fast-Magisters

Teil 2 von 12: Seiten 4 bis 7.

Die derzeit vordringliche, aber zum Glück nur kurzweilig folgenreiche Misere war also seine seit fast einem Jahrzehnt gewachsene psychische Abhängigkeit von den Errungenschaften, Einflüssen und Einflüsterungen seines Gedankenkonzils und seiner Mitglieder. Diese spezifische Bauart eines Cerebral-Augmentats war, wie viele andere seiner Art, Ergebnis langwieriger interdisziplinärer Forschungen und gestattete es dem Benutzer grob gesagt, seinem Bewusstsein eine Art Betriebssystem – bei Satorius das Gedankenkonzil – mit vielfältigen Funktionen hinzuzufügen. Auf dessen Basis konnten dann diverse Erweiterungen installiert werden. Beispielsweise waren autarke Persönlichkeits-Module – oder eben Mitglieder – eine gängige Implementation der technologischen Möglichkeiten der Zeit. Auf diese illustre Runde von Bewusstseinsgefährten musste Xaver im Moment gezwungenermaßen verzichten. Da sie in ihrer Konfiguration und Kombination seine Persönlichkeit wunderbar, aber leider dringend nötig ergänzten und ihm mit ihren Möglichkeiten sehr leistungsstarke und hilfreiche Begleiter waren, herrschte insofern kognitiver Ausnahmezustand. Aktuell nämlich waren sie seltsam gestört und gaben nur noch von Zeit zu Zeit kurze und fragmentarische Impulse von sich. Wenn man allerdings bedenkt, dass sie streng genommen, komplett heruntergefahren sein sollten, eine bisher dankenswerte Fehlfunktion, die bis jetzt immerhin für gelegentliche Kurzweil gesorgt hatte, aber zunehmenden eskalierte.

 

Die Reise an sich war erzwungen. Seine finanziellen Mittel und insbesondere die persönlichen Spielräume hatten sich im Lauf des vergangenen Sonnen-Jahrzehnts unwiederbringlich erschöpft, nicht zuletzt wegen seines Fluchtproblems. Deshalb mussten zweite und auch erste Flucht nun unbedingt aufhören. Insbesondere aus beruflichen Erwägungen und dabei vor allem angesichts der schleichenden, aber unweigerlichen Entwertung reingeistiger, theoretischer Kompetenzen, die in der vergangenen Dekade gefühlt wie tatsächlich immer stärker um sich gegriffen hatte. Es blieb ihm also erst einmal nur der Weg von der Theorie in die Praxis; immerhin die der gut dotierten Elitenerziehung und -bildung. Eine berufliche Option, bei deren Anbahnung er noch von den Kontakten aus der alten Akademiezeit hatte profitieren können. Wie er insgesamt der Academia den Großteil seins derzeitigen materiellen Wohlstands verdankte. Zu allem Überfluss war die Verbreitung rein-ziviler oder auch nur im Ansatz ethisch vertretbarer Forschungsprojekte eingebrochen, aber vielleicht würde sich dieser Missstand auf mittlere, optimistische Sicht hin wieder bessern und damit eine Überlegung wert sein. In dieser, wie in so fast jeder anderen Hinsicht jedoch, herrschte eine unklare Faktenlage: Der Fluss des Lebens war abrupt ins Stocken geraten und doch wider jedes Erwarten stockend wieder in Fluss geraten.

 

Nach 5 Aktuell-Tagen also befand er sich also bereits fast wieder auf der guten alten, neuen Erde. Das war damit einen Tag früher, als er angesichts der interplanetaren, politischen Zustände, die im Moment seiner minutiösen Reisekalkulation geherrscht hatten, für möglich gehalten hatte. „Wobei man hier treffender von militärischen, denn von politischen Zuständen sprechen sollte!“, wurde er geistig, jedoch sehr leise vernehmbar, von einem Aspekt seines Konzils augmental beeinflusst. Der thematischen Zuständigkeit nach ähnlich und aber dem gedanklich-sanfteren Unterton nach sicher Sokrates und nicht Nietzsche. Dafür brauchte er sich nachher nicht einmal die internen Logs ansehen oder später einfach nachfragen, wenn wieder alle Funktionen, Instanzen und Module des Gedankenkonzils störungsfrei aktiviert sein würden.

 

Warum Sokrates eigentlich „Sokrates“ hieß? Wohl am ehesten deshalb, weil er – besser müsste man ja sagen: es, das Modul – unabhängig vom jeweiligen Wissensgebiet operieren konnte und beim Vergleich, insgesamt der Bewertung und dem analytischen, wie synthetischen Umgang mit Wissen und Informationen im allgemeinsten Sinn dieser Begriffe behilflich war. In lebenspraktischer Hinsicht unterstützte dieses Modul die alltägliche Gesprächsführung, besonders wissenschaftliche Diskurse, aber auch die Sprachspiele des Sozialen. Gerade letzteres, das Sich-Öffnen für andere und eine gewisse Dialogbereitschaft sowie Diskussionsfreude wurde ein zunehmend wertvollerer Aspekt der kognitiv-emotionalen Selbstoptimierung. Offenheit, Gesprächskompetenz und eine Art schonungsloser Klarheit waren wertvolle Ressourcen. Neuerdings, in Synergie mit Matrina und Xaya steigerte und verstärkte sich dieser Effekt noch komplex. Damit füllte Sokrates einige größere Lücken, die Xavers Charakter zu bieten hatte: Lebendige, gesprochene Kommunikation, insgesamt Extraversion und in Ansätzen auch Empathie und zwischenmenschliche Bindungsfähigkeit. Zudem gewährleistete er viele Fähigkeiten und Fertigkeiten von beruflicher Relevanz in erstaunlich passgenauer Form. Er war der perfekte, mentale Berater eines Theoretikers und theoretisch auch Praktikers von Wissen, Bildung und Erziehung. Nicht zufällig genau auf die Bedürfnisse der Academia Universalis zugeschnitten, wurde eine Grundversion eines solchen Moduls allen Adepten nach der Konstituierung ihres Gedankenkonzils feierlich installiert. Insofern war Sokrates auch das erste und somit älteste Zusatzmodul mit ultrastarker KI und erweiterten Kognitiv– und Individuationsfunktionen, welches den Fast-Magister auf seinem Lebensweg begleitet hatte.

Gerade weil dieser Abschnitt der bei weitem zivilisierteste Teil seiner ca. 2 Neu-Wochen dauernden Reise gewesen war, freute er sich über den unerwarteten, frühzeitigen Puffer. Damit konnte er vielleicht in der weiteren Planung doch einen Besuch in den erlesenen, erhalten gebliebenen Zeichennetzen einschieben, die ihm bald in Europa offenstehen würden. Er stand damit also kurz vor dem Ende seines ersten interplanetaren Fluges seit – ja, seit der schicksalhaften Passage kurz nach der überraschenden und überstürzten, ersten Flucht. Einer Flucht, die aufgrund des Zusammenbruchs der Normalität vor gut 10 Sonnen-Jahren unumgänglich geworden war. So lange dauerte das Ende der Geschichte nunmehr schon an; der alten Geschichtsschreibung wohlgemerkt, mit ihrer chronologisch-fugenlosen Glattheit und dem untergründig längst ausgeträumten Traum umfassenden Universalität.

 

„Wem in dieser neuen Welt geht es wohl nicht andauerend so wie uns jetzt gerade?“, meldete sich ein weiterer Aspekt des Konzils im Jammerton kollektiven Selbstmitleids zu Wort, dem er jedoch augenblicklich Einhalt gebieten wollte. „Hätten die alten Meister der Menschheit schon gewusst, welch unbegreifliches Leid kosmischen Ausmaßes mindestens 2 bis 3 Generationen zu erdulden haben würden, dann hätten sie sich mit ihrer Lebenskunst und all ihrer Ethik damals etwas mehr Mühe gegeben“, ließ er, sofort etwas wehmütig geworden, doch noch einen letzten subtilen Gedanken in dieser Richtung zu; der letzte war vermutlich Nietzsche geschuldet, der erste ging am ehesten auf die sensible Matrina zurück. Er befand sich in der verwirrenden Lage, die eigene, innere Quellenlage nicht klar übersehen und damit seine Gedankenimpulse eindeutig adressieren zu können. Zudem waren die künstlichen Aspekte seines Selbst die meiste Zeit über nur subtil und sporadisch wahrnehmbar, was deren Kontrolle merklich erschwerte, die üblicherweise effektvollen Visualisierungen in seiner Wahrnehmung tilgte und die ansonsten wirksame Integration der Mitglieder des Gedankenkonzils zu der zusammengesetzten Persönlichkeit von Xaver Satorius nahezu aufhob. Wie wertvoll ihm die charakterlichen Zugewinne durch die Module geworden waren, merkte er gerade eindrucksvoll und schmerzlich zugleich. Die zeitliche Präzession und kompromisslose Radikalität dieses Einschnitts waren einem Komplex aus Astronomie, Antriebs- und Angriffstechnologie geschuldet.

 

Leider stand gänzlich in den Sternen, ob die spontan getätigte Einschätzung – 2 bis 3 Generationen – Optimismus, Pessimismus oder, so nahm er selbstbewusst an, doch eine Form von Realismus war. Für eine zivilisatorische Situation, wie sie derzeit im Sonnensystem herrschte, hatte es schlicht keine vergleichbaren Vorläufer in der Menschheitsgeschichte gegeben und damit auch keinerlei Empirie für ernsthafte Prognosen. Es hatte seit einigen Jahrhunderten verschiedenste Epi-, Pan– und Holodemien mit ähnlichen Letalitätsquoten gegeben. „Pest, HIV/Aids, Ebola, Marsfieber und H23BN3“, meinte er sich richtig an ein paar Namen zu erinnern. Bei all jenen aber, und das markierte den entscheidenden Unterschied, konnten Schicksal, Gott oder mangelnder medizinischer sowie gesundheitspolitischer Fortschritt als annehmbare Gründe angeführt werden.

 

Der liebste, innere Dialog- und Gesprächspartner von Sokrates war Nietzsche, der seinerseits eine Mixtur aus metakognitiven, sozialen und charakterlichen Aufgaben zu leisten hatte. So war es seine Domäne, in selbstzweckhaftem Maße zu hinterfragen und zu zweifeln – mehr noch sogar als Sokrates, der in dieser Hinsicht seinem historischen Namenspatron dennoch ähnlich war – sowie bei jedem logischen Schluss und jeder moralischen Wertung den egozentrischen, meist zynischen, wie kynischen Gegen-Standpunkt einzunehmen. „Mit dem kritischen Hammer und einer Prise maliziösem Humor immer munter in Bausch und Bogen gegen alles und jeden zu Felde ziehen!“, hätte man seine Leitmotive treffend zusammenfassen können. Man könnte ebenso treffend behaupten, die KIs entwickelten sich parallel und im Wechsel mit ihrem Träger zu eigenständigen und reiferen Versionen ihrer Grundversion, womit auch interessante Binnen-Persönlichkeiten heranreiften. Die internen Beziehungsdynamiken, die zwischen diesen entstanden waren, waren skurriler bis banaler Art – gerade Nietzsche war auffällig begabt in der skurrilen Richtung. Er sorgte in Beratungen, besonders denen des gesamten Konzils notorisch für Kontroverse und mit seinen amüsanten, aber ätzenden Provokationen nicht selten für einen Eklat.

#1/12 – Hört, hört: Ein Erstling kann bestaunt werden

Heute eröffne ich feierlich und mit einer tiefen Verbeugung eine neue Kurzserie innerhalb der Fiktionalen Kleinode. Es handelt sich um Teil eins einer zwölfteiligen Text-Serie, bestehend aus dem ersten Zugang zu einem überraschenden Erstlingswerk. Im Laufe der nächsten Tage und Wochen werden die weiteren elf Teile schrittweise folgen. So dass am Ende der Folge der komplette Text  „Die Heimkehr des verspannten Fast-Magisters vorliegen wird.

Ein guter Freund aus der Metatext-Redaktion, der seinerseits anonym bleiben möchte, gab mir kürzlich diese ersten 35 Seiten seines ambitionierten Versuchs, Literatur zu erschaffen. Er war weit bescheidener in seiner Wortwahl, aber als literarischer Versuch geht das Ergebnis seiner Bemühung auf jeden Fall durch; und das ambitioniert wage ich ganz verwegen. Als kleines Dankeschön für mein stets offenes Ohr in dieser Hinsicht und die Möglichkeit der hiesigen, Test-Publikation, hat der Autor dem Protagonisten des ersten Kapitels meinen Namen zum Nachnamen gegeben. Zwar soll dieser Xaver Satorius nur ein, wenn auch bevorzugter Hauptakteur unter und neben vielen anderen sein, aber mit seinem Gedankenkonzil ist er an sich schon ein lesenswertes Kuriosum. Man könnte, wenn dieser literarisch-technologische Hybrid konsequenter in den Plot eingeflochten würde, mit ihm alleine Kapitel füllen. Denn wirklich alleine ist der vielstimmig Typ eigentlich nie. Aber urteilt selbst über die ersten Seiten des ersten Kapitels eines noch namenlosen Episodenwerks, eines ebenso namelosen Freundes. Ich jedenfalls werde seinen Text wie meinen Text behandeln; ihn sorgsam formatieren, immer pfleglich behandeln und wohl portioniert publizieren. Korrektur gelesen habe ich ihn jedoch nicht, hoffen wir also auf die Sorgfalt des Autors.

Besonders hier sind Kommentare sicher hoch willkommene Anregungen, die dem Lehrling der Textkunst auf seinem Weg gewiss weiterhelfen. Hauptsache ist hier, dass sie gerne kritisch sein dürfen, dabei bevorzugt aber konstruktiv formuliert werden sollten. Versteht Euch als gutmütige Lektoren und verzichtet auf Wertungen im Stile von: „Was ein Scheiß – ab  damit in den Papierkorb und zwar ganz schnell!

Ein hoch auf den steinigen, erbaulichen Weg in die Kunst, Euer Satorius


Die Heimkehr des verspannten Fast-Magisters

Teil 1 von 12: Seiten 1 bis 4.

Zunächst kratzte er sich nur flüchtig. Im Nacken am Haaransatz begann er, ging aber sofort nahtlos dazu über, seine Nackenmuskulatur immer energischer zu massieren. Was dort seit einigen Stunden an Verspannung gewachsen war, entsprach proportional so ungefähr dem Maß an Veränderung, das sein Leben seit Längerem irritierte. Eine neuerliche Veränderung, eine epochale Entwicklung und ein akuter Zustand spielten in diesem Zusammenhang herausragende Rollen.

 

Entgegen seiner an sich sesshaften und gemütlichen Natur, die zu Kontemplation und Trägheit, leider aber auch zu Weltflucht neigte, befand sich Xaver Satorius [Hervorhebung durch Satorius] seit nunmehr 5 Aktuell-Tagen auf der Reise. Deren Ziel würde, so hoffte er, sein neues Zuhause werden. Für welche Dauer und ob überhaupt, stand dabei zunächst gänzlich offen. Trotz aller Fährnisse und Unannehmlichkeiten, die ein interplanetarer Umzug unter herrschenden Zuständen mit sich brachte, erwartete ihn dort die Chance auf eine verheißungsvolle Anstellung. Damit würde er in seiner beruflichen Laufbahn den Schritt vom Theoretiker zum Praktiker beschreiten. Über die klassischen Anforderungen an einen Bewusstseinsformer hinaus, kämen ihm die Rollen eines moralischen Erziehers und intellektuellen Mentors zu, vielleicht gar in späteren Jahren diejenige eines Vertrauten.

 

Heraus aus dem eben noch erträglichen, lunaren Exil, der nie so recht lieb gewonnenen Zuflucht, führte ihn sein Weg. Er hatte die mickrige, aber immerhin sehr sichere Siedlung verlassen, deren einzige Existenzberechtigung in ertragreichem Tiefenbergbau bestand und die nicht einmal einen echten Namen erhalten hatte. Warum gerade hier eines der Refugien der Academia Universalis verborgen war, beantwortete die schiere Irrelevanz dieses Ortes in solarer Perspektive eindrucksvoll. Keiner der diversen kriegstreibenden Akteure und vornehmlich deren todbringende Schergen interessierte sich für diese unbedeutende Gegend. Beginnend in jener trotz allen technischen Fortschritts noch immer schlecht erschlossenen Region auf der dunklen Rückseite des Mondes, hatte ihn seine bisheriger Route über nur wenige Zwischenstationen zum zentralen Raumknoten des Erdtrabanten in Eluna geleitet. Dort hatte er sich ohne Umschweife, so sah es nämlich seine rigide Planung vor, eine Passage in Richtung traumatische Vergangenheit gebucht: Destination Erde!

 

Ohne sich auf seinem Weg ernstlich mit seiner Umgebung zu beschäftigen, war er die meiste Zeit über in einer sensorisch-geschützten, digital-aufbereiteten Hyperrealität seines Gedankenkonzils unterwegs gewesen. In einem als Reisekokon bezeichneten Modus dieser Bewusstseinserweiterung, die ihm trotz minimalem Kontakt zur Außenwelt eine zielstrebige, hoch effiziente Fortbewegung ermöglichte; Mobilität fast ohne Reibung mit der Umwelt, der Kontrapunkt zu dem, was in früherer Zeit als Flanieren Kulturgeschichte geschrieben hatte. Er hatte diesen Daseinszustand öfter gesucht, als er sich das wünschte – mehr noch sehnlich erhoffte. Er musste sich unbedingt wieder mehr an die reale Welt, die Menschen dort und vor allem den Umgang mit beidem gewöhnen, sonst würde er es zukünftig schwer haben. Sowohl in professioneller, als auch existenzieller Hinsicht waren die Rückkehr in die wirkliche Welt und vor allem die Wiederaneignung des Sozialen essenziell. Die Fähigkeit zu Empathie und das Erzeugen von Bindung würden unumgängliche Ebenen seiner praktischen Arbeit sein, dabei half ihm all seine theoretische Kompetenz, mehr noch Brillanz, nur mäßig weiter. Die womöglich starken Emotionen, die unvermeidliche Folge dieses Pfades sein würden, bestünden angesichts der epochalen Entwicklung wahrscheinlich eher in Leid und Schmerz, denn in Glück und Freude.

 

Im Anflug einer Marotte – damit zum akuten Zustand – rechnete er in Nanosekunden-Schnelle mithilfe einer der verbliebenen, recht simplen Kognitivfunktion seines zur Zeit eigentlich inaktiven Gedankenkonzils um: „5 Aktuell-Tage entsprechen, laut letztem von Googol recherchiertem Kurs für den Planeten Erde, 1,23 alten Tagen. Zudem besitzt diese vergleichsweise weit verbreitete Kalendarik sowohl im Zentralknoten Frankfurt Rhein/Main, als auch im gesamten übrigen Einflussbereich der Karlus-Korporation und insgesamt in weiten Teilen Europas Gültigkeit. Also wäre ich bereits 5 mal 1,23 Tage unterwegs gewesen; damit im Ergebnis exakt 6,15 Tage, bevor damals plötzlich die ganze Welt auf die schiefe Bahn geraten ist – knapp 6 Tage!“, rief er sich sofort gedanklich und damit gleich doppelt zur Ordnung.

 

Nicht in neurotischem Ausmaß detailverliebt zu sein, war als mentale Einstiegsübung zunächst noch relativ leicht machbar, da an sich emotional wenig brisant. Sich ganz alleine seinen übrigen Existenzmustern und der neuerlichen Entwicklung zu stellen, war hingegen schon reichlich zermürbend. Einerseits galt es damit einiges zugleich zu beherrschen und andererseits täuschte der wohlfeile Fachbegriff Potenzialreduktion über die praktischen Schwierigkeiten seiner Umsetzung hinweg. Gezielt und kontrolliert wenig Wiederholung sowie Verstärkung von ungewolltem Denken und Verhalten zuzulassen, war zwar schon konkreter, aber dennoch nicht leichter zu realisieren. Denn ohne die mannigfachen Formen medialer Zerstreuung und schlimmer noch ohne höhere augmentale Unterstützung musste er derzeit sein Dasein fristen. Seine Existenz wurde derzeit durch mentale Disziplin, die kärglichen Eindrücke aus der realen Umgebung und sporadische, kaum hilfreiche Impulse seines Gedankenkonzils bestimmt; fast nur sein nacktes Ich war im Moment präsent – ein höchst ungewohnter Bewusstseinszustand für Xaver. Hierbei bereitete ihm neben seiner ausgeprägten Weltfremde, der mangelnden Veränderungsintoleranz und der sozialen Inkompetenz besonders eine Aufgabe höchste Pein: Es galt die existenzielle wichtige Herausforderung zu bewältigen, seine mehr als schmerzlichen Gedanken an die mittlerweile vernarbten Wunden der Vergangenheit zu bannen und dabei zugleich der bitter-süßen, nostalgischen Versuchung romantisch-naiven Heimwehs zu widerstehen.

 

So in etwa artikulierten sich die Ansprüche an eine rational wie emotional kluge Haltung in der aktuellen Situation und nur eine solche war der Lebenskunst eines Magister Universalis angemessen. Eines Fast-Magisters genauer gesagt, wie er bei den anfangs immer seltener gewordenen und dann irgendwann ausgebliebenen, heiteren Gelegenheiten zu scherzen gepflegt hatte. Nun würde es bei diesem Titel bleiben müssen, denn die materiellen wie ideellen Strukturen der ehemals einflussreichen Academia Universalis existierten nur noch in verstreuten Bruchstücken, wie die vieler anderer Institutionen und Errungenschaften menschlicher Kultur; aber immerhin sie existierten, noch immer, nach Allem! Bis diese zivilisatorischen Scherben, wenn überhaupt, je wieder zu einem lebendigen, noch gar harmonischen Ganzen zusammengesetzt sein würden, waren geachtete Titel, renommierte Abschlüsse und wichtige Prüfungen weitestgehend abgeworfene Aspekte. Deren Verlust allerdings wog weit weniger schwer, als derjenige des selbstverständlich gewordenen, kulturellen Erbes der solaren Menschheit: Sicherheit im Einklang mit Freiheit, Gerechtigkeit gepaart mit Frieden, Humanität im Angesicht radikaler Pluralität sowie nicht zuletzt Fortschritt im Verbund mit Hoffnung! Alles zusammen höchst allgemeine Begriffe, die durch die letzten Epochen der Menschheitsentwicklung an historischer Kontur gewonnen und erstaunliche Wirksamkeit entfaltet hatten. Notwendig ging mit dieser Konkretisierung eine Wandlung einher, sodass Interpreten des 21., noch gar solche des 16. oder sogar vorchristlicher Jahrhunderte sie kaum noch wiedererkannt hätten. Jedoch galt Entsprechendes in eklatanterem Ausmaß auch für die letzte Generation. Xaver selbst hatte bereits und würde weiterhin die Spuren dieser großen utopischen Idee der Kulturgeschichte in kuriosen, abwegigen Windungen sich verändern sehen.    

 

„Nicht wieder daran denken; schau doch nicht immer zurück Richtung Vergangenheit, sondern voraus in eine unweigerlich bessere Zukunft!“, schallte es kraftlos und ziemlich plakativ durch sein Bewusstsein. So waren ihm die Mitglieder seines Gedankenkonzils wahrlich keine Hilfe bei der Bewältigung der akuten Krise. In ihrer existenziellen Problematik schon anspruchsvoll genug, wurde diese Last ihm ganz alleine aufgebürdet. Ohne zuverlässige technisch-kognitive Unterstützung, geriet die Situation zunehmend zu einer Grenzerfahrung.

 

In einem zynischen, inneren Lachanfall über die Tortur an Reflexionsakrobatik und Gedankengymnastik kehrte er ins Hier und Jetzt und damit zu einer simplen, noch immer beharrlich dumpf-schmerzenden Nackenmuskulatur zurück. Er wünschte sich in diesem Moment, in den letzten Jahren Gymnastik ernster genommen zu haben; er hätte wirklich mehr Zeit mit der Pflege seines Körpers verbringen sollen, anstatt sich fast nur noch im technologischen Äther des Gedankenkonzils und in Gegenwart dessen diverser Module aufzuhalten. Anfangs, gerade für seine Profession, in soeben noch zulässigem Maße betrieben, wurde seine Weltflucht ab einem bestimmten Punkt wirklich problematisch. Er hatte begonnen, sich immer öfter und immer länger mit den Möglichkeiten des Konzils sowie der Hilfe und Gesellschaft der mittlerweile 6 Mitglieder an alles erdenkliche und greifbare Wissen über verlorene Welten und verlorene Zeiten zu klammern. Wo es zu Beginn noch berufliche gesetze sowie private motivierte Schwerpunkte in seinem Handeln gegeben hatte, wurden seine Forschungen zunehmend willkürlicher und wahlloser – zuletzt waren sie zum reinen Selbstzweck degeneriert. Diese Eskapaden hatten schließlich sogar fast seine komplette Freizeit und die eben noch vertretbaren Anteile der an sich schon geringen Arbeitszeit ausgefüllt. Immerhin hatte er sich während dieser Aufenthalte in den künstlichen Paradiesen Unmengen an totem, besser verstorbenem Geschichtswissen erworben. Den eigentlichen, unsagbaren Grund dieser zweiten Flucht, die unvorstellbaren, milliardenfachen Schrecken der solaren Wirklichkeit und deren naher Vergangenheit, hatte er tief vergraben; vergraben unter Unmengen frischer Graberde einer beständig fort exhumierten historischen Erinnerung – selbstverständlich unter Aussparung der neueren Geschichte.

Der Preis der Tiefe

„Müssen Sie stets so paradox reden, guter Mann?“

 

„Das ist kein Oxymoron. Jene, die ein glückliches Leben führen, können nach den Dingen fragen, die unter der Oberfläche liegen. Wir aber, die wissen, was sich unter der Oberfläche verbirgt, wollen jede Illusion so lange wie möglich genießen. Die Farbe einer vollkommenen englischen Rose ist in meinem Kopf und nicht in der Blume, aber ich ergötze mich lieber an der Farbe als mir solche dummen Gedanken zu machen. Überlassen wir die Philosophie den Unschuldigen. Wir Veteranen des Abgrunds ziehen die Rosen, den Sonnenuntergang und schöne, nichtssagende Musik vor.“

 

„Bei Gott. Mann, Sie wissen ja selbst nicht, ob Sie ein sentimentaler Zyniker oder ein zynischer Gefühlsmensch sind.

 

„Ich bin überzeugt, daß [sic!] es gefährlich ist, auf die Tiefe zu vertrauen, egal ob auf See oder an Land. Tiefgründige Menschen, tiefe Emotionen, tiefer Glauben, abgründige Gedanken und tückischer Treibsand — das alles ist gefährlich. Mir ist das Oberflächliche und Fröhliche lieber. Die Diebe und Strolche in der Regierung, die ich zuvor erwähnte, sind nur ein kleines Ärgernis, ein ehrlicher Politiker aber kann eine internationale Katastrophe auslösen.“

 

Robert Anton Wilson (1932 – 2007), Die Illuminaten-Chroniken Band 3 – Der Schöpfer: S. 37 (1992)


Dieses nächste, sporadisch daherkommende Text-Fast-Food entstammt einem dreibändigen Werk, das ich zufällig auch schon gelesen habe und definitiv als Fiktionales Kleinod zur Lektüre anempfehlen kann. Wenn man es insgesamt mit Wilsons Werk nicht allzu ernst nimmt, dann erhält der Leser darin viele ernstlich erwägenswerte Gedanken und vielleicht sogar die eine oder andere Weisheit zum Denkangebot. Voller Ironie und Humor, reich an Bezügen und mit polemischem Witz geschrieben werden tiefe Themen zumeist unterschwellig, teils auch ziemlich offensiv zur Sprache gebracht.

Getragen von einem sorglosen Idealismus und anarchisch frei von missionierender Sophistik wird die Gefahr heilig-missionarischen Eifers erfolgreich vermieden. Denn auf die tiefen Fragen und die abgründigen Spekulationen, die er vielstimmig und variantenreich inszeniert antworten lässt, könnte man durchaus mit philosophischer Passion und leidenschaftlichem Ernst reagieren. Ein Paradebeispiel spielerischen Umgangs mit Fragen großer Tiefe. Folgte man diesen quer durch sein vieltausendseitiges Lebenswerk, so ginge man auf verschlungenen, alles anderen als akademischen Pfaden wohl einmal eklektischen Schrittes den Themenkreis der philosophischen Tradition ab. Die meisterliche Verschränkung von Fiktion und Wissen, Wahrheit und Wahn letztlich immer auch von Ethik und Ästhetik gipfelt in einer im besten Sinne postmodernen und davon unabhängig in großer Literatur. Es drängen sich mir gerade Assoziationen an Jaques Derridas Idee der Dekonstruktion von Text und Welt auf, die ich Euch hier aus Rücksicht auf Interesse und Gemüt erspare.

Weitere lesenswerte Bücher dieses genial-komischen Barden tragen klangvolle Titel wie Illuminatius!, Cosmic TriggerDie neue Inquisition und Schrödingers Katze. Meine Auslassung von weiteren Schriften und der Hang zum Schreiben von Trilogien multiplizieren hierbei das Lesevergnügen nochmals.

Obacht also vor den Tiefen und viel Freude mit guter Illusion, Euer Satorius

#SD1&2@Das doppelte Dalí-Delirium

Salvador Dalí (1904 – 1989), Die Metamorphose des Narziss (1937; London: Tate Gallery)

Dada düngt derzeit da, 

da Dalis Dasein deliziös dekantiert daherkommt. 

Denn derweil Dali das Denken derangiert,

deflagrieren die dollsten Deutungen.

Salvador Dalí (1904 – 1989), Die Auflösung der Beständigkeit der Erinnerung (um 1952 – 1954; New York: MoMA)

Deprimiert das den dahergelaufenen Deutungs-Debütant,

dann darf dieser dennoch das Doppelpack dekonstruieren.

Dada deduziert digitales Delirium,

deshalb den derben Denk-Durchfall desinfiziert deponieren.

Fortschrittliche Affen

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

 

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon.
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

 

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

 

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

 

Was ihre Verdauung übrigläßt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

 

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

 

Erich Kästner (1899 – 1974), Die Entwicklung der Menschheit (1932)


Ein neues Jahr, das für Euch hoffentlich wunschgemäß gut verlaufen wird, bietet mir leider weiterhin wenig Gelegenheit, für Quanzland zu texten. In diesem Sinne liefere ich bloß wieder schnödes Text-Fast-Food. Immerhin bleibt der anonyme Unruhestifter, dem wir dieses weitere Exemplar verdanken, fast so umtriebig wie zuvor; nun sogar mit leicht bekömmlicher Lyrik.

Mit reu– sowie demütigem Gruß, Euer Satorius    

Zeitlose Satire

Werden wir sie nicht mit gutem Recht die Töricht-Weisen nennen, da sie doch in Wirklichkeit überaus töricht sind, aber weise wie Thales erscheinen wollen? Unsere zeitgenössischen Rhetoren machen es offenbar so und kommen sich wie Götter vor, wenn sie doppelzüngig auftreten wie die Blutegel. Sie tun sich etwas darauf zugute, ihr Latein da und dort mit einigen griechischen Brocken gleichsam zu verbrämen, auch wenn sie gar nicht am Platze sind. Fehlen ihnen Fremdwörter, graben sie vier oder fünf Worte aus vergilbten Pergamenten aus und benebeln den Geist des Leser.

 

Erasmus von Rotterdam (1466 – 1536), Lob der Torheit: S. 15 (1511)


Unser Lieblings-Terrorist besitzt scheinbar Selbstironie oder täuscht sie doch immerhin vor. Ein erwähnenswert lesenswertes Werk, aus dem hier zitiert wird. Sogar ganz ohne Urheberschutz und damit frei – wie lebendige Gedanken sein sollten; ebenso frei verfügbar (Link zur PDF, mit bestem Dank an den Hoster auf http://www.welcker-online.de/). Das gesamte Buch belegt eindrucksvoll, wie schonungslos radikal und zugleich sympathisch humorvoll sich Geist in einem Text entfalten kann. Einer solch pergamentenen Satire verzeiht man – wie auch sonst – gerne den bisweilen sperrigen, gar gestelzten Stil.

Eine gute Nacht, Euer Satorius

Plakativ-pathetische Programmatik

Nach einer anstrengenden Woche in der einen Welt, bleibt für die andere zunächst wenig Energie. Ein wenig wurde aber schon wieder geweckt, als ich kürzlich eines der bisher propagandistisch fiesesten Text-Fast-Foods gesichtete habe. Ich wähle mittlerweile aus der Fülle bewusst die Interessanteren aus. Solche, die mehr über den ideologischen Hintergrund der Anschlagsserie zu geben vermögen. Dieses Folgende ist ganz sicher von solchem Kaliber.

Gesegnet mit Wochenende grüßt die ebenso Gesegneten, Satorius


Ich bin. Wir sind.

 

Das ist genug. Nun haben wir zu beginnen. In unsere Hände ist das Leben gegeben. Für sich selber ist es längst schon leer geworden. Es taumelt sinnlos hin und her, aber wir stehen fest, und so wollen wir ihm seine Faust und seine Ziele werden.

 

Ernst Bloch (1885 – 1977), Der Geist der Utopie: S. 11 (Absicht; 1918)

… und der Mahner

Da ist mir doch kürzlich tatsächlich der eigentlich Inhalt in der Aufregung über das spannende Rätsel in Vergessenheit geraten. Ob nun öfter neben den Zitaten solche Aufgaben zu finden sein werden?

In gespannter Erwartung, Euer Satorius


Ach, das ist meine Trauer: in den Grund der Dinge hat man Lohn und Strafe hineingelogen – und nun auch noch in den Grunde eurer Seelen, ihr Tugendhaften!

 

Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Also sprach Zarathustra: S. 70 (1883 – 1885)