Fiktionale Kleinode

Gedankenpotpourri: Links und rechts

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

 

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

 

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

 

Parlamentarischer Rat (1948-1949), Grundgesetz der BRD – Artikel 14


„Links denken, rechts sein; rechts wirken, links sein“ – logisch diagonstiziere ich diesem Satz einen sanften Widerspruch, ideologisch brandmarke ich ihn spontan als Bigotterie und empfinde ihn seelisch bis sozial als eine ziemliche Zerreißprobe; Dynamik ist also garantiert.

Was denkt ihr, was seid ihr? Da hat wohl wie bei allem und wie immer jeder seine eigenen Sofort-Assoziationen und Identifikationen. Je nach Vorliebe und Standpunkt reichen diese ersten Ideen zu unseren beiden Wortungetümen weit und liegen interpersonal womöglich sogar quer: Sie beginnen vielleicht lebenweltlich bei Nazi vs. Punk oder tagespolitisch bei Petry vs. Gysi, historisch-härter womöglich mit Orban/Franco//Hitler vs. Stalin/Mao/Castro; vielleicht sind sie aber auch abstrakter, sei es öknomisch Markt vs. Plan, Eigentum vs. Arbeit, Wettbewerb vs. Regulation und Konkurrenz vs. Kooperation, sind damit grenzwertig politisch wie stärker noch Nationale vs. Internationale und Freiheit vs. Ordnung; womöglich geraten die ersten Eindrücke mit Individum vs. Kollektiv aber noch etwas geisteswissenschaftlicher, oder auch als Selbstverantwortung vs. Solidarität und Egoismus vs. Altruismus praktisch philosophisch; eventuell denkt einer eher an Daumen, die links rechts und rechts links sind, also an Richtungen im Raum, somit leibliche bis topografische Kategorien. Bevor es nun aber zu wild wird, terminiere ich den Wortwuch und konstatiere damit feierlich, dass die Weite, Breite und Quere so einfach scheinender Worte wie „links“ und „rechts“ ausreichend illustriert wurde.

Aber was bedeutet das denn eigentlich und warum ist überhaupt von Belang, was ich anfangs so lappidar, selbstverständlich und unvermittelt in einem schrägen Satzfragment dahergesagt und insgesamt in einen doppelten, nicht minder seltsamen TFF-Kontext gestellt habe? Was also haben ein politisches Buch und eine reale Verfassung, der inflationär genutzte Wortgegensatz „links/rechts“ miteinander zu tun; warum überhaupt aus heiterem Himmel dieser komische Aphorismus und die dadurch provozierte Frage nach den beiden, so simplen, deshalb so gefährlichen Attributen, die wir vermutlich alle häufig gebrauchen und nicht ganz so häufig begriffskritisch reflektieren?

Viele berechtige Fragen, deren Antwort höchstens angedeutet werden wird, werden soll. Denn genau darin liegt die Pointe: Es handelt sich um keine rationalen, keine klaren, keine sauberen Begriffe, sondern um ideologische, historische und rhetorische Bastardworte und dafür legen unter anderem die beiden Quellen ein Zeugnis ab. Darin vermischen sich die Sphären des Linken und Rechten subtil bis explizit, so dass Reinheit und Konsequenz in weite Ferne rücken; sie leben also, sind dynamisch und bedürfen deshalb eines refelxionswilligen Subjekts: Erbschaft und Enteignung; Eigennutz und Engagement; Verstand und Liebe; Tugend und Sünde, um nur ein paar Alliierte von „links/rechts“ zu nennen.

Alles fließt somit und sogar ich vermeintlich Linker entdecke bisweilen ein wenig Rechtes an mir, Euer Satorius


„Seit zwölf Jahren stellen Sie sich die Frage: Wer ist John Galt? Hier spricht John Galt. Ich bin der Mensch, der sein Leben liebt. Ich bin der Mensch, der weder seine Liebe noch seine Werte opfert. Ich bin der Mensch, der euch eurer Opfer beraubt und dadurch eure Welt zerstört hat, und falls ihr wissen wollt, weshalb ihr zugrunde geht – ihr, die ihr euch vor Erkenntnis fürchtet –, ich bin der Mensch, der es euch jetzt sagen wird.“    

 

Der Chefingenieur war der Einzige, der noch in der Lage war, sich zu rühren. Er eilte an einen Fernsehapparat und hantierte aufgeregt an den Schaltern herum. Doch der Bildschirm blieb dunkel; der Sprecher war nicht gewillt, sich zu zeigen. Nur seine Stimme flutete die Ätherwellen im ganzen Land – und auf der ganzen Welt, dachte der Chefingenieur. Sie klang, als spräche er hier, in diesem Raum, nicht zu einer Gruppe, sondern zu einem Einzelnen. Es war nicht der Tonfall, in dem man eine Versammlung anspricht, sondern der Tonfall, in dem man einen Verstand anspricht.    

 

„Ihr habt davon reden hören, dies sei ein Zeitalter der moralischen Krise. Ihr habt es selbst gesagt, teils ängstlich, teils in der Hoffnung, die Worte hätten keine Bedeutung. Ihr habt gejammert, die Sünden der Menschheit zerstörten die Welt, und ihr habt die menschliche Natur für ihren Widerstand gegen die von euch eingeforderten Tugenden verflucht. Da für euch Tugendhaftigkeit gleichbedeutend ist mit Opferbereitschaft, habt ihr nach jeder neuen Katastrophe noch größere Opfer verlangt. Im Namen einer Rückkehr zur Moral habt ihr all die Übel geopfert, die ihr für die Wurzel eurer Misere hieltet. Ihr habt die Gerechtigkeit der Barmherzigkeit geopfert. Ihr habt die Unabhängigkeit der Einigkeit geopfert. Ihr habt die Vernunft dem Glauben geopfert. Ihr habt den Wohlstand dem Mangel geopfert. Ihr habt die Selbstachtung der Selbstverleugnung geopfert. Ihr habt das Glück der Pflicht geopfert.    

 

Ihr habt alles zerstört, was ihr für böse, und alles erreicht, was ihr für gut hieltet. Weshalb schreckt ihr also voll Grauen vor dem Anblick der Welt, die euch umgibt, zurück? Diese Welt ist nicht etwa das Produkt eurer Sünden, sondern das Produkt und Spiegelbild eurer Tugenden. Sie ist die Verwirklichung und Vollendung eures moralischen Ideals. Ihr habt dafür gekämpft, davon geträumt, sie herbeigesehnt, und ich – ich bin der Mensch, der euch euren Wunsch erfüllt hat.    

 

Es gab einen unversöhnlichen Gegner eures Ideals, den zu vernichten euer Moralkodex ersonnen wurde. Ich habe diesen Gegner aus dem Verkehr gezogen. Ich habe ihn euch aus dem Weg geräumt und eurem Zugriff entzogen. Ich habe die Quelle all jener Übel, die ihr nach und nach geopfert habt, entfernt. Ich habe euren Kampf zu Ende geführt. Ich habe euren Motor zum Stillstand gebracht. Ich habe eurer Welt den menschlichen Verstand entzogen.    

 

Die Menschen leben nicht nach dem Verstand, meint ihr? Ich habe diejenigen aus dem Verkehr gezogen, die es doch tun. Der Verstand ist ohnmächtig, meint ihr? Ich habe diejenigen aus dem Verkehr gezogen, deren Verstand es nicht ist. Es gibt höhere Werte als den des Verstandes, meint ihr? Ich habe diejenigen aus dem Verkehr gezogen, für die es sie nicht gibt.    

 

Während ihr dabei wart, alle Gerechten, Unabhängigen, Vernünftigen, Wohlhabenden und Selbstbewussten auf eurem Altar zu opfern, bin ich euch zuvorgekommen; ich habe sie als Erster erreicht. Ich habe sie über euer Spiel und euren Moralkodex aufgeklärt, dessen Wesen zu begreifen sie zu unschuldig und großzügig waren. Ich habe ihnen gezeigt, wie sie nach einer anderen Moral leben können: meiner. Und sie haben sich für meine entschieden.   

 

All jene, die verschwunden sind, jene, die ihr zwar gehasst, die zu verlieren ihr aber gefürchtet habt – ich war es, der sie euch entzogen hat. Versucht nicht, uns zu finden. Wir sind nicht gewillt, uns finden zu lassen. Klagt nicht, es sei unsere Pflicht, euch zu dienen. Wir erkennen eine solche Pflicht nicht an. Klagt nicht, ihr bräuchtet uns. Uns gilt ein Bedürfnis nicht als Anspruch. Klagt nicht, wir gehörten euch. Wir gehören euch nicht. Bittet uns nicht zurückzukehren. Wir sind im Streik, wir, die Verstandesmenschen.    

 

Wir streiken gegen Selbstaufopferung. Wir streiken gegen den Glauben an unverdiente Belohnungen und unbelohnte Pflichten. Wir streiken gegen das Dogma, das Streben nach eigenem Glück sei böse. Wir streiken gegen die Doktrin, das Leben sei schuldhaft.    

 

Unser Streik unterscheidet sich von dem, den ihr seit Jahrhunderten praktiziert: Wir streiken nicht, um Forderungen durchzusetzen, sondern um sie zu erfüllen. Eure Moral erklärt uns für böse. Wir haben beschlossen, euch nicht mehr zu schaden. Eure Wirtschaftslehre erklärt uns für nutzlos. Wir haben beschlossen, euch nicht mehr auszunutzen. Eure Politik erklärt uns für gefährlich und verlangt, dass man uns Fesseln anlege. Wir haben beschlossen, euch nicht mehr zu gefährden, aber auch die Fesseln nicht mehr zu dulden. Eure Philosophie erklärt uns zu einem bloßen Trugbild. Wir haben beschlossen, euch nicht mehr zu täuschen, sondern euch der Wirklichkeit ins Angesicht sehen zu lassen – der Wirklichkeit, die ihr wolltet, der Welt in ihrem jetzigen Zustand, einer Welt ohne Verstand.

 

Wir haben euch alles gewährt, was ihr von uns verlangt habt, wir, die wir seit jeher die Gebenden waren, uns aber erst jetzt dessen bewusst geworden sind. Wir haben keine Forderungen, die wir an euch richten, keine Bedingungen, über die wir mit euch verhandeln, keinen Kompromiss, den wir mit euch schließen könnten. Ihr habt uns nichts zu bieten. Wir brauchen euch nicht.

 

Werdet ihr jetzt klagen: Nein, das wolltet ihr nicht? Eine Welt in Schutt und Asche, ohne Verstand, sei nicht euer Ziel gewesen? Ihr hättet nicht gewollt, dass wir euch verlassen? Ich weiß, dass ihr schon immer wusstet, was ihr wolltet, ihr moralischen Kannibalen. Aber euer Spiel ist aus, denn nun wissen auch wir es.

 

Durch Jahrhunderte der von eurem Moralkodex hervorgerufenen Plagen und Katastrophen hindurch habt ihr gejammert, euer Kodex sei nicht befolgt worden und die Plagen seien die Strafe dafür, die Menschen seien zu schwach und selbstsüchtig, um all das Blut zu vergießen, das dafür zu vergießen nötig sei. Ihr habt den Menschen verdammt, ihr habt die Existenz verdammt, ihr habt diese Erde verdammt, aber nie habt ihr es gewagt, euren Kodex in Frage zu stellen. Eure Opfer haben die Schuld auf sich genommen und weitergekämpft; eure Flüche waren ihr Lohn für ihr Martyrium, während ihr fortfuhrt zu klagen, euer Kodex sei edel, aber die menschliche Natur sei nicht gut genug, ihn zu befolgen. Und niemand erhob sich, um die Frage zu stellen: Gut? – Nach welchem Maßstab?

 

Ihr wolltet wissen, wer John Galt ist. Ich bin der Mensch, der diese Frage gestellt hat.

 

[…]

 

Ihr werdet gewinnen, wenn ihr bereit seid, den Eid abzulegen, den ich zu Beginn meines Kampfes abgelegt habe – und für diejenigen, die wissen wollen, an welchem Tag ich zurückkehren werde, wiederhole ich ihn nun vor aller Welt: ‚Bei meinem Leben und meiner Liebe zum Leben schwöre ich, dass ich niemals um eines anderen Menschen willen leben werde, noch von einem anderen verlangen werde, um meinetwillen zu leben.'“

 

Ayn Rand (1905 – 1982), Der StreikTeil Drei, A ist gleich A, VII. „Hier spricht John Galt“: passim

 

Fiktion in der Fiktion

[Tom Yates, a slightly neglected writer, sits in a nightly bar and starts reading the end of his novel inspired by the Underwoods in purpose of open it up again] „The wheels lifted, and within seconds, Washington fell away, disappering under a blanket of haze and smog. Forehead pressed at the window she imagined this was exactly how it must have looked a thousand years ago, when the sun rose above the clouds and there was nothing but a swamp beneath. From this heigth, with this view she be anywhere. But the important thing is she was anywhere but there. THE END.“

 

[An anonymous bartender] You want another?

 

[Tom Yates still staring at „THE END“ considering deeply about the future of this text and the renewed offer to work for the president and his wife again] Yeah.

 

[His view swings to the keyboard focusing on backspace and then back to „THE END“. He starts deleting, erasing each letter step by step with a single hit]

 

Thomas „Tom“ Yates aka Paul Sparks (1971 -), House of Cards – Chapter 47, 32:25 – 33:24 [Staffel 4, Episode 08]

Nochmals der Seriast: House of Cards, die kafkaeske Zweite

[The Prosecuter, Ms. Dunbar, is sitting at a table in a small courtroom willing to ask delicate questions] Mr. Tusk.

 

[Raymond Tusk, the accused, is entering the room with his lawsuit entourage of about 7 attoneys and sits down on the other side of the dark oakwood table] Well, Ms. Dunbar, in 67 years on this planet, I have never once been issued a subpoena. I can now cross that off my bucket list.

 

[Ms. Dunbar] This interview is being recorded and sealed. As the subpoena mentioned, Mr. Tusk, I soke with Xander Feng [The key witness]. He verified you were his partner in laundering Chinese money to political Super PACs [Political Action Committee = Lobbyists who transfere donations into political influence due election campaings] since 2005.

 

[Ms. Dunbar] How would you respond to his allegations?

 

[Nameless suited main attoney] My client exercises his rigth to plead the Fifth Amendment [„5. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten“ grants the right not to witness against oneself].

 

[Ms. Dunbar] Did you ever use these contributions to bargain for politicals favours?

 

[Nameless suited main attoney] My client exercises his rigth to plead the Fifth Amendment.

 

[Ms. Dunbar] What was your relationship with Daniel Lanagin [Another important witness]?

 

[Nameless suited main attoney] My client exercises his rigth to plead the Fifth Amendment.

 

Heather Dunbar aka Elizabeth Marvel (1969 -), House of Cards – Chapter 25: 34:27 – 35:25 [Staffel 2, Episode 12]

Bilinguale Bekenntnisse eines Seriasten

I confess, I love series!

Oder in altbewährtem Deutsch gesprochen: Ich gestehe, ich liebe Serien – von Akte X, Outer Limits und American Horror Story über Southpark sowie Spongebob hin zu Californication, Big Bang Theory, Psych weiter zu (Fear) The Walking Dead, The 100 oder Twin Peaks, episch endend mit Game of Thrones. Sie alle haben mich unterhalten, erfreuen mich teilweise noch dieser Tage und zwar ziemlich gut und nachhaltiger als so manches dicke Buch. Am besten im O-Ton, wenn es wirklich sein muss, dann eben mit originalsprachigem Untertitel, so liebe ich sie, meine Serien.

Ein neuerliche Welle solch medialer Wonne hat kürzlich die erste Staffel eines weiteren Titels für obige Lieblingsliste verursacht, das Politdrama in Serie mit dem schlagenden bis sprechenden Namen House of Cards. Tiefe Einblicke in den politischen Betrieb der usamerikanischen Hauptstadt Washington D.C. gewährt die Geschichte um den machthungrigen Protagonisten Francis Underwood, grandios gespielt von Kevin Spacey, der als Kongressman in seine Serien-Karriere startet und offensichtlich nicht weniger will, als Donald Trump seit heute inne hat: die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. An der Seite des mächtigstens Mannes der Welt in spe erleben wir seine ihm ebenbürtige Frau Claire, einige Mitarbeiter seines Stabes, eine Handvoll neugieriger Journalisten und viele, viele Bauern, Opfer und weitere Figuren, die unser Meister-Machiavellist im Laufe der Handlung munter manipuliert. Intrigen, Affären, Morde und alles geschieht im Namen der puren Macht, denn, wie Francis gerne betont, ist Macht das oberste Motiv und als Mittel weit wertiger als Geld das je sein könne. Möge die Macht mit ihm sein kann ich mir hier und jetzt einfach nicht verkneifen, zu schreiben.

Lauschen, lesen wir aber nun die primären Zeilen, wie sie der Protagonist in einer der für diese Serie stilprägenden Einstellungen äußert. Solche Szenen, in denen Brüche der vierten Wand gewagt werden, ermöglichen es der Figur, ihre Zuschauer direkt, wenn auch notwendig monologisch, anzusprechen und sie so an ihren Einfällen, Reflexionen und Plänen teilhaben zu lassen, in Francis „Frank“ Underwoods Fall bisweilen mit aphoristischer Dichte und literarischer Brillanz. Bei den folgenden Worten aus dem Staffelfinale des ersten Aktes kann ich nicht verhindern, dass mir der gute, alte Hamlet durch den Kopf spukt. Hier also aber nun mein bescheidener Versuch, die einzigartige Atmosphäre einzufangen und mittels einer kurzen Impression anzudeuten. Den dabei zum Verständnis nötigen, dramaturgischen Kontext habe ich im Transkript in [Klammern] ergänzt.

Mit seriastischen Zuckungen, Euer Satorius


[F.U. is standing in a church in front of the altar talking to God himself] Every time I’ve spoken to you’ve never spoken back. Although given our mutual disdain, I can’t blame you for the silent treatment.

 

[F.U. is looking directly into the camera adressing the spectators personally] Perhaps I’m speaking to the wrong audience.

 

[F.U.s focus is wandering down to earth asking for the devil to call] Can you hear me? Are you even capable of language or do you only understand depravity?

 

[Rumbling from behind, shadows flashing around the scene]

 

[F.U. is slightly surprised and expects the ghost of a former companion he had murdered before starting to haunt him] Peter, is that you? Stop hiding in my thoughts and come out. Have the courage in death that you never had in life. Come out, look me in the eye and say what you need to say.

 

[Clattering shocks F.U. a bit. He is turning around and sees that the sound has been caused by a workman in the backyard of the church]

 

[F.U. kneels before the altar, starts to pray in his own way straigth to the audience. Whlie praying he folds his hands] There is no solace above or below. Only us. Small, solitary, striving battling on one another.

I pray to myself, for myself!

 

Francis „Frank“ Underwood aka Kevin Spacey (1959 – ), House of Cards – Chapter 13: 21:35 – 22:38 [Staffel 1, Episode 13]

Ein Motiv, zwei Musen und ihr Maler

Dante Gabriel Rossetti (1828 – 1882), Lady Lilith (1867; Wasserfarben-Replik des später übermalten, untestehenden Originals; New York: Metropolitan Museum of Art)


Beware of her fair hair, for she excells
All women in the magic of her locks,
And when she twines them round a young man’s neck
she will not ever set him free again.

 

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) & Percy Bysshe Shelley (1792 – 1822), Faust. A Tragedy (Rahmenbeschriftung der Replik)


Dante Gabriel Rossetti (1828 – 1882), Lady Lilith (1866 – 1867/1872 – 1873 überarbeitet; Wilmington: Delaware Art Museum)

Der alte Meister hält uns ’nen morbiden Monolog

Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage:
Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden? Sterben – schlafen –

 

Nichts weiter! Und zu wissen, daß ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil, ’s ist ein Ziel,
Aufs innigste zu wünschen. Sterben – schlafen –
Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegts:

 

Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen,
Wenn wir die irdische Verstrickung lösten,
Das zwingt uns stillzustehn. Das ist die Rücksicht,
Die Elend läßt zu hohen Jahren kommen.
Denn wer ertrüg der Zeiten Spott und Geißel,

 

Des Mächtigen Druck, des Stolzen Mißhandlungen,
Verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub,
Den Übermut der Ämter und die Schmach,
Die Unwert schweigendem Verdienst erweist,
Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte

 

Mit einer Nadel bloß? Wer trüge Lasten
Und stöhnt‘ und schwitzte unter Lebensmüh?
Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod,
Das unentdeckte Land, von des Bezirk
Kein Wandrer wiederkehrt, den Willen irrt,

 

Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen als zu unbekannten fliehn.
So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

 

Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll,
Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,
Verlieren so der Handlung Namen. – Still!
Die reizende Ophelia! – Nymphe, schließ
In dein Gebet all meine Sünden ein!

William Shakespeare (ca. 1564 – 1616), Hamlet, Prinz von Dänemark (Akt 3, Szene 1)


To be, or not to be, that is the question:
Whether ‚tis nobler in the mind to suffer
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or to take arms against a sea of troubles,
And by opposing, end them? To die: to sleep;

 

No more; and by a sleep to say we end
The heart-ache and the thousand natural shocks
That flesh is heir to, ’tis a consummation
Devoutly to be wish’d. To die, to sleep;
To sleep: perchance to dream: ay, there’s the rub;

 

For in that sleep of death what dreams may come
When we have shuffled off this mortal coil,
Must give us pause: there’s the respect
That makes calamity of so long life;
For who would bear the whips and scorns of time,

 

The oppressor’s wrong, the proud man’s contumely,
The pangs of despised love, the law’s delay,
The insolence of office and the spurns
That patient merit of the unworthy takes,
When he himself might his quietus make

 

With a bare bodkin? who would fardels bear,
To grunt and sweat under a weary life,
But that the dread of something after death,
The undiscover’d country from whose bourn
No traveller returns, puzzles the will

 

And makes us rather bear those ills we have
Than fly to others that we know not of?
Thus conscience does make cowards of us all;
And thus the native hue of resolution
Is sicklied o’er with the pale cast of thought,

 

And enterprises of great pith and moment
With this regard their currents turn awry,
And lose the name of action. – Soft you now!
The fair Ophelia! Nymph, in thy orisons
Be all my sins remember’d.

William Shakespeare (ca. 1564 – 1616), The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark (Act III, Scene I; about 1601)

Liebeslyrik, die Stammhirn und Dränendrüsen kitzelt!

Ich atme dich ein
und nie wieder aus.
Schließ‘ dich in mein Herz.
Lass dich nicht mehr raus.

 

Ich trage dich bei mir
in meiner Brust.
Hätt‘ alle Wege verändert.
Hätt‘ ich sie vorher gewusst.

 

Jetzt steh ich am Ufer.
Die Flut unter mir.
Das Wasser zum Hals.
Warum bist du nicht hier.

 

Ich will dich einmal noch lieben
wie beim allerersten Mal.
Will dich einmal noch küssen
in deinen offenen Haaren.

 

Ich will einmal noch schlafen,
schlafen bei dir.
Dir einmal noch nah sein
bevor ich dich
für immer verlier‘.

 

Wer achtet auf mich jetzt,
dass ich mich nicht verlauf‘?
Und wenn ich jetzt falle,
wer fängt mich dann auf?

 

In all diesen Straßen
kenn‘ ich mich nicht mehr aus.
Da ist niemand mehr der wartet…
Der auf mich wartet…
Zuhaus‘

 

Ich will dich einmal noch lieben
wie beim allerersten Mal.
Will dich einmal noch küssen
in deinen offenen Haaren.

 

Ich will einmal noch schlafen,
schlafen bei dir.
Dir einmal noch nah sein
bevor ich dich
für immer verlier‘.
Für immer verlier‘.

 

Für immer, für immer, für immer, für immer, für immer
Für immer, für immer, für immer, für immer, verlier‘

 

Ich will einmal noch schlafen,
schlafen bei dir.
Dir einmal noch nah sein
bevor ich dich
für immer verlier‘.
Für immer verlier‘.

 

Philipp Poisel (1983 – ), Eiserner Steg (2011; What a man O.S.T.)


 

C.C., O.’s fiktiver Kontrapunkt

Weitgehend unkommentiert und für sich selbst redend, als kleiner Kontrapunkt zum glänzenden Strahlemann Obama hier ein wenn auch fiktiver, so doch mächtig um Glanzrückgewinnung bemühter, düster-demütiger Charlie Chaplin in einer seiner größten Rollen als der großer Diktator Hynkel:



I’m sorry, but I don’t want to be an Emperor — that’s not my business. I don’t want to rule or conquer anyone. I should like to help everyone, if possible — Jew, gentile, black man, white. We all want to help one another; human beings are like that. We want to live by each other’s happiness, not by each other’s misery. We don’t want to hate and despise one another. In this world there’s room for everyone and the good earth is rich and can provide for everyone.

The way of life can be free and beautiful.

But we have lost the way.

Greed has poisoned men’s souls, has barricaded the world with hate, has goose-stepped us into misery and bloodshed. We have developed speed but we have shut ourselves in. Machinery that gives abundance has left us in want. Our knowledge has made us cynical, our cleverness hard and unkind. We think too much and feel too little. More than machinery, we need humanity. More than cleverness, we need kindness and gentleness. Without these qualities, life will be violent and all will be lost.

The aeroplane and the radio have brought us closer together. The very nature of these inventions cries out for the goodness in men, cries out for universal brotherhood for the unity of us all. Even now my voice is reaching millions throughout the world, millions of despairing men, women, and little children, victims of a system that makes men torture and imprison innocent people.

To those who can hear me I say, »Do not despair.« The misery that is now upon us is but the passing of greed, the bitterness of men who fear the way of human progress. The hate of men will pass and dictators die; and the power they took from the people will return to the people and so long as men die, liberty will never perish.

Soldiers: Don’t give yourselves to brutes, men who despise you, enslave you, who regiment your lives, tell you what to do, what to think and what to feel; who drill you, diet you, treat you like cattle, use you as cannon fodder. Don’t give yourselves to these unnatural men, machine men, with machine minds and machine hearts! You are not machines! You are not cattle! You are men! You have the love of humanity in your hearts. You don’t hate; only the unloved hate, the unloved and the unnatural.

Soldiers: Don’t fight for slavery! Fight for liberty! In the seventeenth chapter of Saint Luke it is written, »the kingdom of God is within man« — not one man, nor a group of men, but in all men, in you, you the people have the power, the power to create machines, the power to create happiness. You the people have the power to make this life free and beautiful, to make this life a wonderful adventure.

Then, in the name of democracy, let us use that power! Let us all unite!! Let us fight for a new world, a decent world that will give men a chance to work, that will give you the future and old age a security. By the promise of these things, brutes have risen to power, but they lie! They do not fulfill their promise; they never will. Dictators free themselves, but they enslave the people!! Now, let us fight to fulfill that promise!! Let us fight to free the world, to do away with national barriers, to do away with greed, with hate and intolerance. Let us fight for a world of reason, a world where science and progress will lead to all men’s happiness.

Soldiers: In the name of democracy, let us all unite!!!


»Es tut mir Leid, aber ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, denn das liegt mir nicht. Ich möchte weder herrschen noch irgend wen erobern, sondern jedem Menschen helfen wo immer ich kann; den Juden, den Heiden, den Farbigen, den Weißen. Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, wir Menschen sind dazu da.

Wir sollten am Glück des Anderen teilhaben und nicht einander verabscheuen. Wir wollen uns nicht hassen oder verachten. Auf dieser Welt ist Platz genug für jeden, und Mutter Erde ist reich genug um jeden von uns satt zu machen.

Das Leben kann ja so erfreulich und wunderbar sein, wir müssen es nur wieder zu leben lernen!

Die Habgier hat das Gute im Menschen verschüttet, und Missgunst hat die Seelen vergiftet und uns im Paradeschritt zu Verderben und Blutschuld geführt.

Wir haben die Geschwindigkeit entwickelt, aber innerlich sind wir stehen geblieben. Maschinen produzieren im Überfluss, und trotzdem wollen wir mehr. Die Klugheit hat uns hochmütig werden lassen und unser Wissen kalt und hart. Wir denken zu viel und fühlen zu wenig. Aber zuerst kommt die Menschlichkeit und dann erst die Maschinen. Vor Klugheit und Wissen kommt Toleranz und und Güte. Ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe werden wir unser Leben in Gewalt verbringen und es dabei verlieren.

Aeroplane und Radio haben uns einander näher gebracht. Diese Erfindungen haben eine Brücke geschlagen von Mensch zu Mensch, die erfassen eine allumfassende Brüderlichkeit, damit wir alle Eins werden. Millionen Menschen auf der Welt können im Augenblick meine Stimme hören. Millionen verzweifelter Menschen , Opfer eines Systems, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Unschuldige zu quälen und in Ketten zu legen. Allen denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu „Ihr dürft nicht verzagen!“.

Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich. Die Männer die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein! Ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen, und auch ihr Haß. Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden. Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß.

Soldaten, vertraut Euch nicht Barbaren an, Unmenschen, die Euch verachten und denen Euer Leben nichts wert ist; Ihr seid für sie nur Sklaven, Ihr habt das zu tun, das zu glauben und das zu fühlen. Ihr werdet gedrillt, gefüttert, wie Vieh behandelt und seid nichts weiter als Kanonenfutter.

Ihr seid viel zu schade für diese verwirrten Subjekte, diese Maschinenmenschen mit Maschinenköpfen und Maschinenherzen. Ihr seid keine Maschinen, Ihr seid keine Tiere, Ihr seid Menschen! Bewahrt Euch die Menschlichkeit in Euren Herzen und hasst nicht! Nur wer nicht geliebt wird, hasst! Nur wer nicht geliebt wird. Soldaten, kämpft nicht für die Sklaverei, kämpft für die Freiheit!

Im 17. Kapitel des Evangelisten Lukas steht: „Gott wohnt in jedem Menschen“. Also nicht in einem oder einer Gruppe von Menschen. Vergesst nie, Gott lebt in Euch allen.

Ihr als Volk habt allein die Macht, die Macht Kanonen zu fabrizieren, aber auch die Macht Glück zu spenden. Ihr als Volk habt es in der Hand, dieses Leben einmalig kostbar zu machen, ein Abenteuer daraus zu machen. Im Namen der Demokratie: lasst uns diese Macht nutzen, lasst uns zusammenstehen! Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt, die Jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt.

Versprochen haben die Unterdrücker das auch, deshalb konnten sie die Macht ergreifen. Das war Lüge, wie überhaupt alles, was sie Euch versprachen, diese Verbrecher! Diktatoren wollen die Freiheit nur für sich, das Volk soll versklavt bleiben. Lasst uns diese Ketten sprengen, lasst uns kämpfen für eine bessere Welt, lasst uns kämpfen für die Freiheit in der Welt, das ist ein Ziel für das es sich zu kämpfen lohnt! Nieder mit der Unterdrückung, dem Hass und der Intoleranz. Lasst uns kämpfen für eine Welt der Sauberkeit, in der die Vernunft siegt, in der Fortschritt und Wissenschaft uns allen zum Segen gereichen.

Soldaten! Im Namen der Demokratie, lasst uns vereint sein!

Charles Spencer Chaplin aka Charlie Chaplin (1889 – 1977), The Great Dictator (1940; Abschlussmonolog; Übersetzung von Anonymous geklaut)

Medial-methodische Premiere: skurriles Hörspieltranskript aus den 70ern

Der letzte Detektiv - Schlachthaus von Michael Koser

Michael Koser (1938 – ), Schlachthaus. Der letzte Detektiv – Folge 4

Der letzte Detektiv - Testmarkt von Michael Koser

Michael Koser (1938 – ), Testmarkt. Der letzte Detektiv – Folge 1


Eine düster-sarkastische Zukunftsvision im Genregewand des Science-Fiction-Krimis, wie geschaffen für das Medium Hörspiel und absolut meinen Geschmack. Dieser wunderbare Fund eines sarkatisch-sprachgewandten, unheimlich klug und enorm kenntnisreich gewobenen Werks aus einem anderen Winkel von Zeit und Raum: Deutschland, 1984. Heraus aus den wilden Siebzigern, vorbei mit der Euphorie, wird ein dystopisch.kritischer Blick ins Jahr 2009 geworfen.

 

Vergleicht selbst, anschaulich und konkret, wie wenige von diesen humorigen Projektionen – Polemik und Genre wegen, vielleicht auch sei Dank – Realität geworden sind. Der Beitrag zum und Einfluss auf den geschichtlichen Verlauf der Dinge, den Kunst zu leisten vermag, mag klein sein, aber er existiert ganz gewiss. Ich hegen nämlich tief im Herzen voller Überzeugung die Hoffnung, dass Literatur zeit- und ortlos eine zvilisierende Kraft, ja zvilisatorische Macht innewohnt, in zurückgezogenm, in-sich-gekehrtem Fremddenken, sei es passiver als Leser oder aktiver als fiktionaler Autor, ein bessere Welt zu stimulieren oder wenigstens die Vermeidung einer schlechteren zu unterstützen. Wenigstens soviel traue ich der fein- wie schöngeistigen Seite des Schreibens, genauer ihrer potentiellen Wirkung auf die rezeptiv geöffneten Gemüter der neugierigen Lesserschaft zu.

 

Wer weiß schon, wie sich die realexistierende Konkurrenz der Kunst weiterhin so macht. Wenn Politik, Bildung, Erziehung, (epi-)genetische und geopolitische Geburtslotterie sowie soziales bis mediales Umfeld einen nicht zu unterschätzend großen Anteil dessen prägen, was wir narzisstisch verblendet UNSER Ich-Bewusstsein nennen, dann darf sich unser werter Herr Geist aber auch mal ein bisschen von sozial-politisch interessierter und vor allem relevanter Literatur wenn nicht weitreichend prägen, so doch ein wenig berieslen, beregnen lassen. Insbesondere ist die Kulturleistung des Lesens als Methode der Bewusstseinsformung deshalb so wertvoll, weil man sie, einmal gelernt und stetig gepfelgt, eigenständig und frei wählend für seine ureignen Lebenszwecke nutzen kann. Ihm haftet somit kaum ein Hauch von Schicksal mehr, nichts Zufälliges mehr an – Lesen und Hören, bisweilen sogar Sehen, können so betrachtet als reine Mittel der autonomen Bildung gelten, wenn denn Wille und (Lese-)Kompetenz das wünschen und erlauben.

 

Also Bitte, wortreiche Wassermassen voll geistreichen Witzes marsch, Euer Satorius


[Vereinigte Staaten von Europa, eine Gesellschaft unter den Bedingungen von kulturpessimitisch überzeichnetem, anarcho-apokalyptischem Hypermaterialismus. Ein edles Restaurant irgondwo in Babylon. Jonas – „nur Jonas. der letzte Detektiv und Sam“ – trifft sich erstmals mit einem anonymen Auftraggeber]

 

Jonas (Ich-Erzähler): Er war so schön, wie ein gelöstes Kreuzworträtsel. Sehr schön, merken – fürs Poesiealbum des Detektivs.

Jonas (Figurenrede): „Sagen sie einfach ‚Schwarzmarkt‘, schwarzer Organmarkt.

Klient („Er“): „Genau, das meine ich! Aber weil ich mich in solchen Sachen überhaupt nicht auskenne …“

Jonas (Figurenrede): „… soll ich Ihnen ein Organ organisieren?“.

Klient („Er“): „Ahä – köstlich. Sie haben den Nagel mitten ins Gesicht getroffen … ähe … Scherz beiseite. Sie Jonas besorgen mir eine Bauchspeicheldrüse. Wie immer, wo immer – keine Fragen, keine Probleme. Sie liefern; ich zahle – jeden vernünftigen Preis, und ihr Honorar natürlich.“

Jonas (Figurenrede): „80 Euros por Tag und Spesen.“

Klient („Er“): „Nicht gerade wenig – was tun sie dafür?“

Jonas (Figurenrede): „Nicht gerade wenig – alles, was ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann.“

Klient („Er“): „Oh äh, sie haben ein Gewissen? Wie entzückend altmodisch … und äh: Können Sie?“

Jonas (Figurenrede): „Kann ich was?“

Klient („Er“): „Meinen Auftrag mit ihrem Gewissen vereinbaren?“

 

Jonas (Ich-Erzähler): Im Prinzip, ja. Nicht hunderprozentig, aber 90 Prozent waren ja auch nicht so schlecht. Wenn ich auf dem Schwarzmarkt eine Bauchspeichdrüse auftrieb, dann schadete ich ja schließlich keinem, dachte ich. Im Gegenteil: Ich rettete dem pseudonymen Herrn Pankreas das Leben; und Geld brauchte ich auch – ich brauche immer Geld. Also ja, dachte ich. Aber ich sagen nicht „Ja!“, noch nicht.

 

[…; Szenenwechsel. Jonas und Sam arbeiten im 22m²-Büro-Appartment, das für einen sozialen Nützlichkeitsstatus von rund Zwo schon recht groß dimensioniert ist]

 

Sam (Figurenrede): „Hinterlasser der Fingerabdrücke bzw. Speichelspuren heißt Julian van Brendel; Bürgernummer:77M03031961.“

Jonas (Figurenrede): „Beruf?“

Sam. (Figurenrede): „Parapsychagoge.“

Jonas (Figurenrede): „[Nutüzlichkeitsstatus]Status?“

Sam (Figurenrede): „Zwokommazwofüneff, oh Stern von Bethlehem!“

Jonas (Ich-Erzähler): Ich darf vorstellen, Computer Typreihe Doktor, Versuchsreihe Chrysossthomos, MacCoy Incorporated, Baujahr 2005, Rufname Sam Fähigkeiten – fast unbegrenzt; Fehler, nur einer: Sam leidet an verbaler Überfütterung. Er hat zuviele Sprachprogramme im Speicher und kommt damit nicht so richtig klar, ansonsten ist er ein Goldstück – wenn man siich an seine Ausdruckweise gewöhnt hat. Und das ist nicht leicht.

 

[…; Direkt weiter gehts mit dem schrägen Sam, nachdem Jonas dem nicht mehr namenlosen Klienten fast reinen Gewissens zugesagt hat]

 

Sam (Figurenrede): „Keinesfalls über die normalen Datenbänke, Euer Wohlerzogenheit, da in denselben keinerlei Informationen in Bezug auf illegale Praktiken zu finden sein dürften.“

Jonas (Figurenrede): „Weiß ich selbst Sam., dazu brauche ich keinen Computer – alos hintenrum…“

Sam (Figurenrede): „Jawohl, Chef! Von hinten durch die Brust ins Auge – haha!“

Jonas (Figurenrede): „Ebenfals: haha! Farge: wie?“

Sam (Figurenrede): „In der Tat, Prinz Eisenherz, dies ist die Frage!“

Jonas (Figurenrede): „Wie wärs denn mit den Hypo?“

Sam (Figurenrede): „Darf ich Euerer Lordschaft zu dero fast überirdischen Auffassungsgabe beglückwünschen. Die Sache hat nur einen gang, ganz kleinen Haken: Den Code für die Datenbank der Hygienepolizei kenne ich zu meinem Bedauern nicht.“

Jonas (Figurenrede): „Du nicht, Sammy, aber ich, …“

Sam (Figurenrede): „… Sie Meister? Kann ich es glauben?!“

 

Michael Koser (1938 – ), Schlachthaus. Der letzte Detektiv – Folge 4: 5:41 – 9:51 [Min:Sekunden]