Text-Fast-Food

Gespensterstunde der Worte

Willkommen in der Welt der Worte; nicht belangloser, harmloser Worte, sondern Wirklichkeit bestimmender und Macht ausübender Worte: Terrorismus. Dieses Gespenst des 21. Jahrhunderts geht um und macht fürchten. Überall ist es medial bis brachial präsent, jede Partei, sei sie Teil der Politik, des Krieges oder des Glaubens, bedient sich seiner im Gefecht der Worte. Kaum ein Wort verschreckt so viele gutmütige Geister und friedfertige Naturen wie der Terror in all seinen blutigen Gewändern und fratzenhaften Masken.

Die globale Dimension lässt Gespensterkollegen der nahen und fernen Vergangenheit erschaudern. Kommunismus, Christentum, Demokratie, Wissenschaft und Konsorten äugen neidisch auf ihren modernen Konkurrenten in punkto Systemerschütterung. Dass in diesem Fall das ethische Vorzeichen, aktuell wie historisch, ein dickes Minus ist, spielt für meinen amoralischen Vergleich keine Rolle, nur der mathematische Betrag zählt und da hat der Terrorismus klar die Nase vorn. Hoffen wir, mathematisch-metaphorisch das Grauen der Gewalt umschiffend, dass er in dieser Quantität und seiner unmenschlichen Qualität kein so dauerhaftes Signum unser Zukunft sein wird, wie das die Rekordhalter Wissenschaft, dicht gefolgt von den Weltreligionen bis heute geworden sind.

Die Vorzeichensituation dieser Kandidaten differenziert zu analysieren, würde mich überkomplex überfordern, wäre aber hochinterssant. Insbesondere die schonungslos neutrale Abrechnung zwischen Christentum und Islam quer durch die Weltgeschichte würde mich brennend interessieren. Wer von den beiden und den vielen anderen Religionen war wohl das Gefüge von Worten, in dessen Auftrag der meiste Terror verübt und die meisten Straftaten gegen die atheologische Sittlichkeit begagen wurden

Einen juristischen Vorgeschmack auf die bekanntermaßen weite Definitionsbreite dessen, was dieser Tage so alles als Terrorismus gilt und all dem semantischen Übel, das bereits von diesem Wortstamm abgeleitet worden ist und noch werden wird, liefert das Strafgesetzbuch der guten alten BRD. In Rechtsbenchmarks steht dieses „-land“ bei weitem besser dar, als Quanzland dies typischerweise von sich behaupten kann. Mit diesem Begriffsapparat bewaffnet, könnte man auch die Taten des einen oder anderen Staates wenigstens als semiterroristische Akte bezeichen, vom rechtlichen Geltungsraum und der hochheiligen Begriffs- und Paradigmengrenzen nationale Rechts im Angesicht von Souveränität mal frech und kritisch-moralisch abgesehen.

Hier in Quanzland, wo ich wie die meisten meiner Mitbürger nur Text-Terrorismus gewohnt bin, von dieser harmloseren Variante ver- und entwöhnt wurde, schlägt die Wirklichkeit vor echtem, physischem Terror fruchtbar bis furchtbar ein. Ich persönlich bin da noch typsich naiv-optimistisch, aber sogar ich höre bisweilen ganz leise Stimmen am Rande meines Bewusstseins wispern. Diese warnen mich, sähen Zweifel und wollen mir Angst einjagen. Alles nur zu meinem Besten, zu meinem Schutz. Dennoch widerstehe ich ihnen leidlich, lasse mich nicht verunsichern – aber wie lange noch?

Wie hingegen geht es Euch da draußen, die ihr gerade hier drinnen weilt, wie lautet eure Antwort auf eine perverse neue Gretchenfrage: Habt ihr Angst vorm Terrorismus?

Ein erklärter Freund des gediegenen Textterrors und zugleich unerbittlicher Feind des militanten Terrorismus, Euer Satorius


§ 129a
Bildung terroristischer Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b zu begehen,

oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

 

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1. einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2. Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3. Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4. Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5. Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes zu begehen,

oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

 

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

 

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

 

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

 

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

 

(7) § 129 Abs. 6 gilt entsprechend.

 

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

 

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 4 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

Juristische Intelligenz der BRD, Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist

Anarchistisches TFF-Potpourri

Mit einer großangelegten multimedialen Terrorperformance hat er zugeschlagen, heftig und unerbittlich, landesweit und vieltausendfach. Als die redlichen Bewohner von Quanzland heute morgen erwachten, erwartete sie so einiges an Subversion und dieser Zustand setzte sich bis in den späten Mittag hinein fort:

Nahezu jedes E-Mailkonto quoll über von anarchistischem TFF, an allen öffentlichen Orten fluteten entsprechende Flugblätter das Bewusstsein der Bürger, Werbeflächen waren über Nacht idealistisch zweckentfremdet, Busse und sogar einige Polizeiwagen überfallartig anarcho-geairbrusht worden. Die Krörung der Aktion und der Kollaps kam persönlich per Tagespost. Ein Einschreiben pro Bewohner brachte nicht nur die Zustelldienste, sondern alle größeren Institutionen, Unternehmen und Einrichutngen mit Poststelle und definierten Tageszielen gehörig ins Wanken. Einzig ausgenommen von diesem postalischen Wahnwitz waren Krankenhäuser und  – verstehe, wer will – biologisch arbeitenden Bauernhöfe mitsamt ihrem Personal.

Inhalt dieser abertausend text-terroristischen Nadelstiche waren Leaks diverser kompromittierender Informationen über Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, insbesondere waren die Mitglieder des Wächterrates betroffen sowie einflussreiche Intellektuelle und populäre Stars. Da diese Enthüllungen und Skandale jedoch jenseits der Grenzen von Quanzland beinahe bedeutungslos sein dürften, habe ich einige der interessanteren Text-Fast-Foods abgetippt. Dieser Tradition war der unbekannte, angebliche Einzeltäter natürlich nicht untreu geworden. So war jedem Textattentat ein kurzes, zumeist anarchistisch angehauchtes Zitat beigefügt.

Wie die Obrigkeit nun noch die Theorie von der Einzeltäterschaft aufrecht erhalten will, bleibt noch abzuwarten. In den um Deeskalation bemühten Pressemitteilungen war noch keine Rede von ernsthaften Inhalten oder gar echten Konsequenzen, diese wurden hektisch vertröstet und auf die nahe Zukunft verdrängt.

In freudiger Erwartung der medialen Nachbeben und vor allem poltitischer Nachwehen, Euer Satorius


 

Wacht auf, denn eure Träume sind schlecht!

Bleibt wach, weil das Entsetzliche näher kommt.

Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind!

Seid mißtrauisch gegen ihre Macht, die sie vorgeben für euch erwerben zu müssen!

Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind, wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird!

Tut das Unnütze, singt Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet!

Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!

Günther Eich


Das Verläßlichste sind Naturschönheiten. Dann Bücher; dann Braten mit Sauerkraut.

 

Es ist nichts so absurd, daß Gläubige es nicht glaubten. Oder Beamte täten.

 

Nur die Phantasielosen
flüchten in die Realität;
und zerschellen dann, wie
billich, dran.

Arno Schmidt


Um heute Künstler zu sein, muß man auch Philosoph sein, nicht in dem Sinne, daß man Platon oder Aristoteles gelesen haben muß, sondern insofern, als man sich die Frage nach dem Einsatz zu stellen hat: Was macht man da eigentlich?

Jean-François Lyotard


Aufgabe von Kunst ist es heute, Chaos in die Ordnung zu treiben.

 Theodor W. Adorno


Dadaismus ist eine Strategie, wie der Künstler dem Bürger etwas von seiner inneren Unruhe, die ihn nie in Gewohnheit einschlafen läßt, mitteilen, wie er den Erstarrten durch äußere Beunruhigung zu neuem Leben aufrütteln will, um ihm den Mangel an innerer Not und Bewegung zu ersetzen.

Udo Rukser


Ich sehe meine Lebensaufgabe im wesentlichen darin, eine Art Reizmittel zu sein – nicht etwas wirklich Destruktives, sondern einer der beunruhigt, der desorientiert. Einer, der den Alltagstrott gerade insoweit unterbricht, daß das Opfer auf den Gedanken kommt, es könnte vielleicht mehr geben, als die bloße Langeweile des Daseins.

Elvis Costello


Zugleich hoffe ich auf die Bereitstellung eines universalen Sozialhaushaltes, so daß jeder Mensch über die Mittel verfügt, die er benötigt, um so zu leben, wie er möchte. In diesem Verlangen nach Utopia bin ich Anarchist. Die einzige Herrschaft, der ich traue, ist meine eigene Selbstbeherrschung.

John Cage


Revolution ist die Bewegung zwischen zwei Zuständlichkeiten. Hierbei stelle man sich nicht das Bild einer sich langsam drehenden Rolle vor, sondern eines ausbrechenden Vulkans… Alle Revolution ist aktiv, singulär, plötzlich und ihre Ursachen entwurzelnd. Revolution entsteht, wenn ein Zustand unhaltbar geworden ist: mag dieser Zustand in den politischen oder sozialen Verhältnissen eines Landes, in einer geistigen oder religiösen Kultur oder in den Eigenschaften eines Individuums stabilisiert sein. Die treibenden Kräfte der Revolution sind Überdruß und Sehnsucht, ihr Ausdruck ist Zerstörung und Aufrichtung. Zerstörung und Aufrichtung sind in der Revolution identisch. Alle zerstörende Lust ist eine schöpferische Lust (Bakunin). Einige Formen der Revolution: Tyrannenmord, Absetzung einer Herrschergewalt, Etablierung einer Religion, Zerbrechen alter Tafeln (in Konvention und Kunst), Schaffen eines Kunstwerks; der Geschlechtsakt. Einige Synonyma für Revolution: Gott, Leben, Brunst, Rausch, Chaos.

Laßt uns chaotisch sein!

Erich Mühsam

Schwermütiger Lyrik-Alarm

Ich mag Nietzsche, stillistisch fast durchweg, inhaltlich in Teilen, aber die Verse an die Melancholie fühlen sich nicht nur unangenehm an, sondern sie klingen ebenso, holpern und schlingern in weiten Passagen. Ob das gewollte Formvollendung oder ungewollter Textunfall ist, bleibt offen für tiefere Analyse und läd ein zur Interpretation. Ich jedenfalls vertiefe nur, was mich zu fesseln vermag und das ist nicht Nietzsches Hymnus an die düstere Göttin des Schwermuts aus dem Jahr 1871.

Dieses schwerfällige Gedicht eines ansonsten herausragenden Formenschmieds stand im Zentrum eines der sehr rar gewordenen Gedankenanschläge des weiterhin unbekannten Text-Terroristen. Dieser scheint den Willen zum Widerstand entweder verloren oder in andere (noch) unsichtbare Bahnen gelenkt zu haben. Quanzland hat nunmehr derart brisante innen- wie außenpolitische Probleme zu meistern, da konnte der zuvor so präsente Rebell kaum noch mit öffentlichem Interesse für seine Subversionen rechnen, zumal seine Protest-Aktionen zuvor schon seltener und insgesamt unambitionierter geworden waren.

Ich bezweifle nachdrücklich, dass er mit dieser Textauswahl ernstzunehmende Leserzahlen oder gar überzeugte Anhänger gewinnen wird, gebe ihm in meiner Rolle als Multiplikator aber gerne die Chance dazu. Denn wer weiß schon, was im perversen Hirn eines Staatsfeindes Abstruses vorgeht, nachdem er eine pubilizistische Pleite nach der anderen zu verarbeiten hatte, hat und haben wird: Wird er zukünftig wieder neuen Mut schöpfen und wie erfolgreich wird er mit was zurückkehren? Hat er sich unterdessen radikalisiert und neigt deshalb erstmalig zu physischer Gewalt statt wie bisher nur zu psychischer Penetranz? Was soll das Ganze eigentlich bringen, sind das nicht vergebliche Mühen in einem Land wie unserem? Warum nicht mal was populäreres, was auch der kleine Mann verstehen kann?

Mit einer Reihe Fragezeichen zum Abschied winkend, Euer Satorius


An die Melancholie

 

Verarge mir es nicht, Melancholie,
Daß ich die Feder, dich zu preisen, spitze,
Und daß ich nicht, den Kopf gebeugt zum Knie,
Einsiedlerisch auf einem Baumstumpf sitze.

 

So sahst du oft mich, gestern noch zumal,
In heißer Sonne morgendlichem Strahle:
Begehrlich schrie der Geyer in das Thal,
Er träumt vom todten Aas auf todtem Pfahle.

 

Du irrtest, wüster Vogel, ob ich gleich
So mumienhaft auf meinem Klotze ruhte!
Du sahst das Auge nicht, das wonnenreich
Noch hin und her rollt, stolz und hochgemuthe.

 

Und wenn es nicht zu deinen Höhen schlich,
Erstorben für die fernsten Wolkenwellen,
So sank es um so tiefer, um in sich
Des Daseins Abgrund blitzend aufzuhellen.

 

So saß ich oft, in tiefer Wüstenei
Unschön gekrümmt, gleich opfernden Barbaren,
Und Deiner eingedenk, Melancholei,
Ein Büßer, ob in jugendlichen Jahren!

 

So sitzend freut‘ ich mich des Geyer-Flugs,
Des Donnerlaufs der rollenden Lawinen,
Du sprachst zu mir, unfähig Menschentrugs,
Wahrhaftig, doch mit schrecklich strengen Mienen.

 

Du herbe Göttin wilder Felsnatur,
Du Freundin liebst es nah mir zu erscheinen;
Du zeigst mir drohend dann des Geyers Spur
Und der Lawine Lust, mich zu verneinen.

 

Rings athmet zähnefletschend Mordgelüst:
Qualvolle Gier, sich Leben zu erzwingen!
Verführerisch auf starrem Felsgerüst
Sehnt sich die Blume dort nach Schmetterlingen.

 

Dies Alles bin ich – schaudernd fühl‘ ich’s nach –
Verführter Schmetterling, einsame Blume,
Der Geyer und der jähe Eisesbach,
Des Sturmes Stöhnen – alles dir zum Ruhme,

 

Du grimme Göttin, der ich tief gebückt,
Den Kopf am Knie, ein schaurig Loblied ächze,
Nur dir zum Ruhme, daß ich unverrückt
Nach Leben, Leben, Leben lechze!

 

Verarge mir es, böse Gottheit, nicht,
Daß ich mit Reimen zierlich dich umflechte.
Der zittert, dem du nahst, ein Schreckgesicht,
Der zuckt, dem du sie reichst, die böse Rechte.

 

Und zitternd stammle ich hier Lied auf Lied,
Und zucke auf in rhythmischem Gestalten:
Die Tinte fleußt, die spitze Feder sprüht –
Nun Göttin, Göttin laß mich – laß mich schalten!

 

Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Gimmelwald (Melnacholie), in: Fragmente 1869-1874 (Band 1 – Kapitel 15; 1871)

Papst besucht kranke Großmutter Europa

Solange der Papst katholisch ist, darf er den Mächtigen mächtig die Leviten lesen. Wenn dieser Papst sich auch noch einen Heiligen zum Namenspatron gewählt hat, der sogar für diesen eigenwilligen Menschenschlag noch Maßstäbe in Lebensführung und Radikalität gesetzt hatte, dann sind die Erwartungen des Agnostikers mit deistischen Einsprengseln generell recht hoch. Bekommt dieser sogar noch den Karlspreis für die Einheit Europas verliehen und darf deshalb eine Rede vor versammelter Politelite halten, dann freue ich mich auf ein rhetorisches Gewitter.

Das, was kam, war letztlich zwar kein Jahrhundertstrum, aber erwartungsgemäß ein fundamentale wie aktuelle Kritik am Gesundheitszustand der liebevoll sogenannten Großmutter Europa. Dementsprechend steinern waren während des 30-minütigen Vortrags die Mienen der Ärzte, Krankenpfleger und Gaffer, die für die Versorgung und Entsorgung der Patientin Verantwortung übernommen haben. Der anschließende, ausnahmslos stehende Beifall wirkte in Teilen bemüht und insbesondere dem Chefarzt der Intensivmedizin, Herrn Junker, war anfangs nicht sorecht nach Beifall zumute.

Sei es drum, ich verstehe den Mann auf metaphorischem Umweg: Denn wer lässt sich schon gerne während laufender Behandlung und zwischen den schweren Operationen von grau gewordenen Eminenzen mit verschwommenen Blick und zittrigen Händen sein Handwerk erklären. Wenn der Zustand der Patientin derart instabil ist, bisweilen das Koma und sogar der Exitus drohen, sind Grundsätze und Ideale der Medizin genauso funktional wie die Präferenzen und Bedürfnisse der Angehörigen nerven können. Fraglich ist dabei, ob dieses medizinische Bild auch nur im Ansatz taugt, um die Lage Europas sowie die Forderung nach neuem Behandlungsplan (Wirtschaftsmodell) mitsamt Erneuerung des Selbstverständnisses (Humanismus) angemessen zu verunglimpfen und unkenntlich zu machen?

Ich glaube doch und während ich deshalb hoffnugsfroh auf eine Genesung der alten Dame hinfiebere, verbleibe ich zugleich in tiefer Sorge um meine Lieblingsoma und wünsche ihr nur das Beste: ein gutes Ärzteteam, besonnene Angehörige und zukunftsweisende Behandlungsmethoden, gerne auch etwas unkonventionell und experimentell.

Ein Hoch auf Europas Gesundheit, Euer derzeit hinsichtlich Quanzland etwas schreibfauler Satorius


»Die gerechte Verteilung der Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit ist keine bloße Philanthropie. Es ist eine moralische Pflicht« (Ansprache beim Welttreffen der Volksbewegungen, Santa Cruz de la Sierra, 9. Juli 2015). Wenn wir unsere Gesellschaft anders konzipieren wollen, müssen wir würdige und lukrative Arbeitsplätze schaffen, besonders für unsere jungen Menschen.

 

Das erfordert die Suche nach neuen Wirtschaftsmodellen, die in höherem Maße inklusiv und gerecht sind. Sie sollen nicht darauf ausgerichtet sein, nur einigen wenigen zu dienen, sondern vielmehr dem Wohl jedes Menschen und der Gesellschaft. Und das verlangt den Übergang von einer „verflüssigten“ Wirtschaft zu einer sozialen Wirtschaft. Ich denke zum Beispiel an die soziale Marktwirtschaft, zu der auch meine Vorgänger ermutigt haben (vgl. Johannes Paul II. Ansprache an den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, 8. November 1990). Es ist nötig, von einer Wirtschaft, die auf den Verdienst und den Profit auf der Basis von Spekulation und Darlehen auf Zinsen zielt, zu einer sozialen Wirtschaft überzugehen, die in die Menschen investiert, indem sie Arbeitsplätze und Qualifikation schafft.

 

Von einer „verflüssigten“ Wirtschaft, die dazu neigt, Korruption als Mittel zur Erzielung von Gewinnen zu begünstigen, müssen wir zu einer sozialen Wirtschaft gelangen, die den Zugang zum Land und zum Dach über dem Kopf garantiert. Und dies mittels der Arbeit als dem Umfeld, in dem die Menschen und die Gemeinschaften »viele Dimensionen des Lebens ins Spiel [bringen können]: die Kreativität, die Planung der Zukunft, die Entwicklung der Fähigkeiten, die Ausübung der Werte, die Kommunikation mit den anderen, eine Haltung der Anbetung. In der weltweiten sozialen Wirklichkeit von heute ist es daher über die begrenzten Interessen der Unternehmen und einer fragwürdigen wirtschaftlichen Rationalität hinaus notwendig, ‚dass als Priorität weiterhin das Ziel verfolgt wird, allen Zugang zur Arbeit zu verschaffen‘ (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate (29. Juni 2009), 32: AAS 101 (2009), 666)« (Enzyklika Laudato si‘, 127).

 

Wenn wir eine menschenwürdige Zukunft anstreben wollen, wenn wir eine friedliche Zukunft für unsere Gesellschaft wünschen, können wir sie nur erreichen, indem wir auf die wahre Inklusion setzen: »die, welche die würdige, freie, kreative, beteiligte und solidarische Arbeit gibt« (Ansprache beim Welttreffen der Volksbewegungen, Santa Cruz de la Sierra, 9. Juli 2015). Dieser Übergang (von einer „verflüssigten“ zu einer sozialen Wirtschaft) vermittelt nicht nur neue Perspektiven und konkrete Gelegenheiten zur Integration und Inklusion, sondern eröffnet uns von neuem die Fähigkeit von jenem Humanismus zu träumen, dessen Wiege und Quelle Europa einst war.

 

Am Wiederaufblühen eines zwar müden, aber immer noch an Energien und Kapazitäten reichen Europas kann und soll die Kirche mitwirken. Ihre Aufgabe fällt mit ihrer Mission zusammen, der Verkündigung des Evangeliums. Diese zeigt sich heute mehr denn je vor allem dahin, dass wir dem Menschen mit seinen Verletzungen entgegenkommen, indem wir ihm die starke und zugleich schlichte Gegenwart Christi bringen, seine tröstende und ermutigende Barmherzigkeit. Gott möchte unter den Menschen wohnen, aber das kann er nur mit Männern und Frauen erreichen, die – wie einst die großen Glaubensboten des Kontinents – von ihm angerührt sind und das Evangelium leben, ohne nach etwas anderem zu suchen. Nur eine Kirche, die reich an Zeugen ist, vermag von neuem das reine Wasser des Evangeliums auf die Wurzeln Europas zu geben. Dabei ist der Weg der Christen auf die volle Gemeinschaft hin ein großes Zeichen der Zeit, aber auch ein dringendes Erfordernis, um dem Ruf des Herrn zu entsprechen, dass alle eins sein sollen (vgl. Joh 17,21).

 

Mit dem Verstand und mit dem Herz, mit Hoffnung und ohne leere Nostalgien, als Sohn, der in der Mutter Europa seine Lebens- und Glaubenswurzeln hat, träume ich von einem neuen europäischen Humanismus: »Es bedarf eines ständigen Weges der Humanisierung«, und dazu braucht es »Gedächtnis, Mut und eine gesunde menschliche Zukunftsvision« (Ansprache an den Europarat, Straßburg, 25. November 2014). Ich träume von einem jungen Europa, das fähig ist, noch Mutter zu sein: eine Mutter, die Leben hat, weil sie das Leben achtet und Hoffnung für das Leben bietet. Ich träume von einem Europa, das sich um das Kind kümmert, das dem Armen brüderlich beisteht und ebenso dem, der Aufnahme suchend kommt, weil er nichts mehr hat und um Hilfe bittet. Ich träume von einem Europa, das die Kranken und die alten Menschen anhört und ihnen Wertschätzung entgegenbringt, auf dass sie nicht zu unproduktiven Abfallgegenständen herabgesetzt werden. Ich träume von einem Europa, in dem das Migrantsein kein Verbrechen ist, sondern vielmehr eine Einladung zu einem größeren Einsatz mit der Würde der ganzen menschlichen Person. Ich träume von einem Europa, wo die jungen Menschen die reine Luft der Ehrlichkeit atmen, wo sie die Schönheit der Kultur und eines einfachen Lebens lieben, die nicht von den endlosen Bedürfnissen des Konsumismus beschmutzt ist; wo das Heiraten und der Kinderwunsch eine Verantwortung wie eine große Freude sind und kein Problem darstellen, weil es an einer hinreichend stabilen Arbeit fehlt. Ich träume von einem Europa der Familien mit einer echt wirksamen Politik, die mehr in die Gesichter als auf die Zahlen blickt und mehr auf die Geburt von Kindern als auf die Vermehrung der Güter achtet. Ich träume von einem Europa, das die Rechte des Einzelnen fördert und schützt, ohne die Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft außer Acht zu lassen. Ich träume von einem Europa, von dem man nicht sagen kann, dass sein Einsatz für die Menschenrechte an letzter Stelle seiner Visionen stand.

 

Jorge Mario Bergoglio/Papst Franziskus (1936 – ), Was ist mit dir los, Europa? (Ansprache des Papstes bei der Verleihung des Karlspreises, am 6. Mai 2016, im Vatikan)

Testsieger im Praxistest: Das „Rheinische Grundgesetz“

Artikel 1: Et es wie et es.
(„Es ist, wie es ist.“)
Sieh den Tatsachen ins Auge, du kannst eh nichts ändern.

 

Artikel 2: Et kütt wie et kütt.
(„Es kommt, wie es kommt.“)
Füge dich in das Unabwendbare; du kannst ohnehin nichts am Lauf der Dinge ändern.

 

Artikel 3: Et hätt noch emmer joot jejange.
(„Es ist bisher noch immer gut gegangen.“)
Was gestern gut gegangen ist, wird auch morgen funktionieren.
Situationsabhängig auch: Wir wissen es ist Murks, aber es wird schon gut gehen.

 

Artikel 4: Wat fott es, es fott.
(„Was fort ist, ist fort.“)
Jammer den Dingen nicht nach und trauer nicht um längst vergessene Dinge.

 

Artikel 5: Et bliev nix wie et wor.
(„Es bleibt nichts wie es war.“)
Sei offen für Neuerungen.

 

Artikel 6: Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet.
(„Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, fort damit.“)
Sei kritisch, wenn Neuerungen überhandnehmen.

 

Artikel 7: Wat wells de maache?
(„Was willst du machen?“)
Füg dich in dein Schicksal.

 

Artikel 8: Maach et joot, ävver nit zo off.
(„Mach es gut, aber nicht zu oft.“)
Qualität über Quantität.

 

Artikel 9: Wat soll dä Kwatsch/Käu?
(„Was soll das sinnlose Gerede?“)
Stell immer die Universalfrage.

 

Artikel 10: Drinks de ejne met?
(„Trinkst du einen mit?“)
Komm dem Gebot der Gastfreundschaft nach.

 

Artikel 11: Do laachs de disch kapott.
(„Da lachst du dich kaputt.“)
Bewahr dir eine gesunde Einstellung zum Humor.

 

Intelligenz des Rheinlands & Konrad Beikircher (Hrsg.), Et kütt wie et kütt – Das Rheinische Grundgesetz (2001)


 

Die Quintessenz rheinischer Lebenskunst in nur elf gröllbaren Aphorismen verpackt, und zwar so, dass sie jeder verstehen, jeder anwenden, jeder anerkennen kann. Eine Edelprodukt unter den elaborierten Lebenskünsten, aber nur eines unter vielen, unendlich, unsagbar vielen. Deshalb habe ich über ein Jahrzehnt hinweg unablässig – damit immerhin einen Bruchteil – getestet und bewerte vor diesem Hintergrund das heutige Text-Fast-Food als bodenständige Alternative aus Köln. Doch wer sind die Mitbewerber im immens-intransparenten Praxistest der Lebenskünste, mit Schwerpunkt auf den Gütekriterien: Beliebtheit, Wirksamkeit und Zugänglichkeit?

Natürlich, die Philosophen, wären Paradebeispiele sprachlich elitärer, bisweilen hermetisch daherbrabbelnder Akteure im öffentlichen Diskursraum (womit in der These zugleich ein Beleg der These geliefert werden soll – quasi: ironisch-performative Konfession). Von soviel Wirksamkeit, wie diese schlichten und schönen Sinnsprüche im Alltag zu entfalten vermögen, kann sich so manches (praktische) Philosophem eine dicke Scheibe davon abschneiden. Eine Kritik, die nur insoweit zulässig ist, wie Philosophie mehr sein soll als bloße Wissenschaft, und dieser Mehrwert zudem in einer die Wirklichkeit verändernden Art ein exklusives Kriterium haben darf. Die Wirklichkeit zu verändern, heißt explizit nicht nur: politisch zu sein, sondern anschlussfähig zu sein, verständlich, zugänglich, (be-)greifbar und genießbar gleichermaßen. In dieser Hinsicht sind die elf „Rheinischen Grundgesetze“ vorbildlich, denn schon ein Erstklässler, wenn nicht ein Kindergartenkind könnte sie lernen. Sie schaffen es sogar als Dekor auf Frühstücksbrettchen und wer hier assoziativ an die „10 Gebote“ als Referenzprodukt denkt, weit gefehlt, die rangieren recht weit hinter unserem heutigen Testkandidaten und können höchstens in punkto Merkbarkeit konkurrieren. Die Ratschläge habe jedenfalls dazu getaugt, im Alltag weit weniger Stress zu empfinden, mehr Entspannung, Freude und Ausgewogenheit zu gewinnen und nicht zuletzt eines zu werden: ein bodenständiger Lebenskünstler, der sich von diesem Fundament aus nach allen Richtungen umsehen darf und sollte. Keine dicken alten Wälzer lesen, sondern einfach bei einem Kölsch praktisch umsetzen, was sich in Kürze hat erfassen lassen.

Inhaltlich kann ich die empfehlungen kaum kürzer wiedergeben, sehe mich aber zum Versuch genötigt: Die Welt so dulden, wie sie ist, nicht wie sie gefälligst sein sollte und sie stattdessen aus der Ruhe heiterer Gelassenheit heraus Stück für Stück umzubauen, zu erhalten, aber gleichsam zu erneuern, das lehrt die Weisheit des Rheinlands. (Wer acht Jahrhunderte hindurch unermüdlich an seinem Dom baut, weiß was Erbe, Geschichte und Zukunft verbindet.) Was das Leben einem zukommen lässt, ist demütig anzunehmen; jeder (Waren-)Fetischismus (Stichwort: Anhaftungen) sollte vermieden werden und der Nächste, dein Mitmensch, der Andere ist willkommen zu heißen, gerne und unter großzügiger, aber maßvoller Aufwendung des Eigentums. (Ob da nicht eine Portion gelebtes Christentum Einfluss genommen hat?) Schließlich geht es letztlich um das konsequent gelebte, gute (positive) Leben.

Die nebensächlichen wie polemischen Spitzen aus dem thematischen Hinterhalt gegen die anspruchsvolle Lebensweisheit aus den Akademien und Kirchen seien mir vergönnt, zumal sie mich passagenweise sicher höchstselbst betriffen und damit ins eigene Fleisch schneiden – na, wer weiß noch was Subjekt hinter all der rhetorischen Spinnerei der letzten Absätze geblieben ist? So ungefähr genau das: Die Vorzüge des einfachen Volksweisheit gegenüber den nicht explizit erwähnten, wortreichen Bedeutungsungetümen, eine Gattung an Lebenskunstprodukt, wie es Philosophen, andere Geisteswissenschaftler und neuerdings allerlei Coaches hervorbringen. Das Verschwinden des Sinns hinter sprachlichen Spielereien, gleichzeitig die Absage an die Wirksamkeit des betroffenen Werks, sind nur zwei Gefahren solcher Machwerke. Nicht so bei den Sprachspielen, die zweifelsohne mehr zu beigeistern vermögen, populärer und beliebter sind. Sie kleiden das Gute und möglicherweise Wahre in das Schöne, ehren damit nicht nur Platon, sondern sind effektiv und effizienter als die meisten Mitbewerber aus den Bereichen Philosophie, Religion und Esoterik, im eigentlichen wie uneigentlichen Wortsinn. Da ich also intellektuellem Populismus entschieden zustimme, befürworte ich ebenso entscheiden, Volkweisheit, altes Wissen und Straßenschläue mit  zeitgenössischen Formen der Erzählung, zu denen der Diskurs der Wissenschaften an hervorragender Stelle gehört, kreativ zu verschmelzen. Dabei wären in philosophischer Hinsicht Neubearbeitungen skurrilster Natur möglich: MC Emmanuel Levinas feat. DJ Derrida Ethik des Anderen unplugged & deconstructed gesungen als Meisterlied oder DDFD – Die drei fröhlichen Diskursethiker als Hörspielserie mit den drei Professoren in spe Apel, Habermas und Nietzsche, Hegels Anerkennunglehre zum Einschlafen als Kinderreim zum dialektischen müdedenken, nicht zuletzt Klassiker wie Nikomachische Diäthik für Bauch, Beine und Bewusstsein oder Staat, Höhlengleichnis und Ideenlehre für Primaten oder Dummies.

Vom essayistischen Abweg zurück zum Kern des Textes, dem Test der Lebenskunstregeln aus dem Rheinland in 11 kompakten Artikeln. Dass die jecken Regeln sich gegen das Top10-Diktat verwehren und als Primzahl daherkommen, bringt weitere Pluspunkte, weißt sie zudem als das aus, was sie gerechterweise sind: natürliche, also krumm und schief gewachsene und daher in sich widersprüchliche, wilde Unkräuter des Geistes. Heilsam trotzdem und allemal unglaublich echt, aus dem Leben für das Leben, gemacht, um gemacht zu werden. Ich jedenfalls empfinde diese knappen Weisheiten seit einigen Jahren als wertvolle Begleiter, in einer Welt, wie der unseren, in einem Alltag wie dem meinen. Ihrer Befolgung erspart negative Gedanken und Erfahrungen, stiftet gleichzeitig positive Bezüge zu sich und der Welt um sich herum. Man regt sich weniger auf und freut sich stattdessen mehr. Konflikte werden an allen Fronten vermieden und das Bewusstsein durch eine Erdung am Wesentlichen beruhigt. Probiert es am besten selbst einfach mal ein paar Wochen aus und lasst Euch in passenden Situationen – und glaubt mir, die gibt es bei den hintersinnig universellen Regeln zuhauf – von der dazu passenden Regel leiten.

Kurz abschließend möchte ich jedoch nicht verhehlen, dass dem („rheinischen“) Grundgesetz allem Loblied zum Trotz etwas politisch Gefährliches anhaftet, ein fatalistischer, opportunistischer und populisitscher Beigeschmack ist nicht zu leugnen. Holt man dieses Manko jedoch reflexiv ein und überholt es damit lebenspraktisch, steht dem vollen Lebenskunstgenuss nichts im Wege. Nur so ernstgenommen, wie das eine denkbare 12. Grundregel „Artikel 12: Regeln sind Regeln, das Leben was ganz anderes“ (Für eine angemessene Übersetzung ins Kölsche, bin ich ein dankbarer Abnehmer – mein Stichwort für Euch lautet deshalb: Kommentarfunktion) begrenzen könnte, überwiegen die lebenspraktischen Vorteile und wer ist dieser Tage schon politisch, also mal ehrlich, sodass ich zu einem klaren Testurteil komme: Der Vorsprung reicht bei diesem unfair einseitigen Testzuschnitt klar für Testsieger, das rheinische Grundgesetz! Also weg mit der Theorie, der Kohärenz, der Objektivität, all der Differenziertheit und den altbackenen Idealen von Ausführlichkeit, Allgemeinheit und Argument, wie sie Religion, Philosophie und Co. so von sich und anderen fordern, und ran an den Parxis der rheinischen Lebenskunst. Einfach mal vier Wochen in den vier Wänden der eigenen Existenz ausprobieren, es lohnt sich – versprochen.

Reumütig und Besserung gelobend verabscheidet sich nach einmonatiger Abwesenheit, Euer Satorius

Terroristenversteher oder Verschwörungstheoretiker?

Leere Drohungen an der »roten Linie«

 

Die syrische Tragödie unterscheidet sich grundsätzlich von den anderen Tumulten der Arabellion. Das Wort Arabischer Frühling mag man schon gar nicht mehr hören. In Tunesien war es tatsächlich zu einer spontanen Explosion gegen das Zwangsregime Ben Alis gekommen. In Kairo konnte man allenfalls – im Hintergrund der freiheitlichen Tahrir-Revolution – die geheime Manipulation der Mukhabarat [~Nachrichtendienst; D.Q.], der Geheimdienste und vor allem der Armee vermuten. In Libyen waren die USA recht zögerlich zur Hilfestellung für die dortigen Thuwar [~Rebellen; D.Q.] angetreten. In Benghazi, wo angeblich das Volk sich erhoben hatte, um Demokratie und Meinungsfreiheit zu fordern, galt es zu verhindern, daß die wenig zimperliche Streitmacht Qadhafis in der Cyrenaika ein grausames Gemetzel veranstaltete.

 

In Syrien lagen die Dinge ganz anders. Die USA – im Verbund mit Saudi-Arabien und Israel – hatten nicht die ersten Protestdemonstrationen von Deraa gegen die Diktatur Bashar el-Assads und seiner alawitisch dominierten Baath-Partei abgewartet, um die Grundlagen des Staates zu unterwühlen. Schon lange vorher hatte eine hemmungslose Kampagne, eine systematische Hetze in den amerikanischen und europäischen Medien gegen diese Arabische Republik eingesetzt, die – bei aller Brutalität, die auch sie zu praktizieren pflegt – das einzige säkulare Staatswesen im gesamten arabischen Raum darstellt. Verglichen mit den Vorzugsverbündeten des Westens – seien es nun Saudi-Arabien, Qatar, die Vereinigten Emirate oder Kuwait –, bot die Hauptstadt Damaskus ein Bild religiöser Toleranz und eines fast westlichen Lebensstils, seit Bashar el-Assad das Erbe seines unerbittlichen Vaters Hafez el-Assad angetreten hatte.

 

Irgendwo, an geheimen Kommandostellen, in diskreten Fabriken der Desinformation, die von angelsächsischen Meinungsmanipulatoren meisterhaft bedient wurden, war die Losung ausgegangen, daß Syrien sich den amerikanischen Vorstellungen einer trügerischen Neuordnung im Nahen und Mittleren Osten zu unterwerfen habe. Bei einer Medienveranstaltung der ARD in Berlin erwähnte ich diese allumfassende propagandistische Irreführung der breiten Öffentlichkeit, der sich – in Deutschland zumal – weder die linksliberalen noch die erzkonservativen Printmedien und Fernsehsender zu entziehen wußten. Der frühere Intendant des WDR, Fritz Pleitgen, und der arabische Journalist Suliman, der sein Amt als Korrespondent der TV-Station von Qatar, El Jazeera, quittiert hatte, weil er dessen Nachrichtenverfälschung nicht mehr ertrug, stimmten mir spontan zu. Die subtile, perfide Unterwanderung und Täuschung globalen Ausmaßes, denen die Medien ausgeliefert sind, bedarf einer ebenso schonungslosen Aufdeckung wie die hemmungslose Überwachungstätigkeit der National Security Agency. Gerüchteweise hatte ich vernommen, daß sich in North Carolina eine solche Zentrale der gezielten Fälschung befände, was die Existenz ähnlicher Institute in den USA, in Großbritannien und in Israel keineswegs ausschließt.

 

Peter Scholl-Latour (1924 – 2014), Der Fluch der bösen Tat. Das Scheitern des Westens im Orient: S. 158 (2014)


In Erinnerung an einen kürzlich verstorbenen großen Förderer des interkulturellen, kritischen Verständnisses und ohne diesbezüglich, wie überhaupt pietätlos sein zu wollen, muss der Artikel so beginnen:

Jaaah er lebt noch, ja er lebt noch, wer hätt‘ das noch gedacht … – der ideologische Unruhestifter [D.Q. nennt er sich weiterhin ominös verkürzt; Anmerkung der Metatext-Redaktion] aus den frühen Tagen dieser digitalen Welt hat dieser Tage zu medialer Wirksamkeit zurückgefunden. Er war seit geraumer Zeit nicht mehr so präsent wie noch zuvor, was aber einerseits an der intellektuellen wie redaktionellen Konjunktur beim Text-Fast-Food – ziemliche Depression dieser Tage – sowie andererseits darin begründet liegt, dass ich und auch große Teile der quanzländischen Öffentlichkeit, die Metatext-Redaktion inklusive, seiner überdrüssig geworden sind. Im Effekt schenken wir ihm also kaum noch nennenswerte Aufmerksamkeit geschweige denn Öffentlichkeit, zumal die Bonus-Kampagne des Wächterates und der Regierung ein großer Erfolg war. Gehetzt von ökonomisch zusätzlich motivierten Bürgern – böse Zungen würden schlichter sagen: gierigen Denunzianten – und von den Medien totgeschwiegen fristet der Text-Terrorist ein tristes Dasein im Dunklen und traut sich nur noch gelegentlich heraus aus seiner Terrorklause.

Kürzlich war es Mal wieder soweit: Mit zwei groß angelegten Flugblatt-Aktionen [»Terroristische Anschläge« im offiziellen Sprachgebrauch, deren zwei Original-Texte, von uns für Sie methodisch sauber transkribiert, ober- und unterhalb zu finden sind – gewesen sind und gewesen sein werden, für Tempus-Fans; Anmerkung der Metatext-Redaktion] wies er auf eklatante Verwirrung in der Außenpolitik und den darüber berichtenden Medien hin. Mit vielen Worten, aber ohne eigene Stellungnahme, die über die bloße Auswahl an Zitaten und deren Montage hinausginge, hat er sich mit den zwei angezapften Quellen wieder zurück in die Debatte gebracht. Dass er auch in seinen neuerlichen Text-Bomben konsequent auf inländische Medien und Autoren verzichtet, also nur solche aus wirklichen Staaten benutzt, werte ich an sich bereits als starkes Statement gegen die mediale Vereinnahmung durch ausländische Meinungsfabrikanten und -spekulanten. Hier in den zwei thematisch verschränkten Auszügen wird dieser medienkritische Ansatz (leit-)motivisch explizit ausgesprochen, tritt aber hinter die politisch so wichtige, beinahe metaphysisch übersteigerte Frage zurück: Wer ist hier eigentlich der Terrorist – … (IS)IS, Al-Qaida, Hisbollah, Al-Nusra, da ist man sich sicher, … Kim Jong-un, Orban, Assad, die kern-arabischen Herrscherdynastien, klar oder waren das bloß Diktatoren … mittlerweile womöglich Putin oder Erdogan, große Teile Afrikas gewiss, meint man zu wissen, soweit gehen die Meisten wohl auch noch mit … wer aber bietet mehr, Xi, Obama, Merkel vielleicht? Hohe Wettquoten garantiert!

Auch mir geht es heute um die Ziehung einer Roten Linie, wenn auch mit verbale milderen Mitteln als einer ernstlichen Drohung. Wenn ich beim Herangehen an Historie und Zeitgeschichte, wie es die Textanlässe herausfordern, die Wahl habe, entweder als »Terroristenversteher« oder als »Verschwörungstheoretiker« beschimpft zu werden, – und die habe ich genau jetzt in diesem Moment, denn schweigend »Ja und Amen« zu sagen, kommt nicht in Frage – dann ist meine Antwort klar und eindeutig: Ich wähle den Weg verwerflichen Verstehenwollens gegenüber Terroristen und genauer noch terroristischen Regimen und ihren Präsidenten im Besonderen. Damit erteile ich dem epistemischen Wahnsinn der Verschwörungstheorie nach dem Gusto: Sie gegen die Wahrheit eine Absage – keine Lügenpresse, kein Komplott der Mächtigen, das Kapital, die Juden, die Illuminaten oder sonst ein monistisch-okkulter Firlefanz, der seinerseits die intellektuellen Unkräuter Allgemeinplatz und Dogma zu neuer Blüte bringt.

Terror ist real! Weltgeschehen ist plural. Ereignisse sind komplex und lassen sich nicht ein- oder zwei-, auch selten dreidimensional vereinfachen. Internationale Politk und multinationaler Konflikt sind nicht nur ein Bühnenspiel von bestenfalls einer Handvoll mächtiger Puppenspielern. Diese lenken des Weiteren die Medienwelt nicht derart durchdringend, dass konventionelle Informationsquellen per se unglaubhaft sind. Schluss damit, Kinder der Kritik! Das mit den wahren, wirklichen oder echten Verschwörungen, die im ganz großen, globalen Maßstab die Welt (v)erklären, ist ein, wenn nicht der moderne Modus mythischer Welterklärung; sogar (noch) primitiver als bei den ordentlichen (Welt-)Religionen, möchte ich fast spotten, wage mich aber nicht. All diese leider zu häufig mit allzu viel Gewissheit gesegneten Perspektiven auf unsere schöne alte Welt haben ihre Wunder, ihre Zeichen der Offenbarung, so auch hier. Die Verschwörungstheorie beruht prosaischer gesprochen auf Indizien und entbehrt sogar nicht gänzlich der kalten Logik, nur an der Dialektik mangelt es ihr gewaltig. Wie häufig am eigenen Geist erlebt, landen falsch dargestellte Nachrichten oder schlecht manipulierten Meldungen, Widersprüche und Lügen allenthalben in unserem medialen Buffet. Erst entdeckt, laden sie verführerisch grinsend zum Zweifeln ein; das zu Recht allerdings, denn Propaganda ist zeitgenössisch so real wie global. Aber, und das ist der springende Punkt, die Desinformation und Machtverteilung auf der Welt ist unendlich komplexer und viel dynamischer als jedes im Grunde ziemlich starre und widerwärtig kritikresistente Wahngebilde namens »XY-Wahrheit über Z,A,B bis n« [Satorius meint damit wohl weiterhin nur die schwersten Kaliber der Verschwörungstheorie, wie Holocaustleugner, Hohlweltler und Konsorten, glauben sie ruhig weiter an den Weihnachtsmann, Nessie, Big Foot und Co. oder an Ufo’s (tut der werte Autor übrigens unterstellter Weise); Anmerkung der Metatext-Redaktion]. Soviel plakativ und kurz zur These, die nur so aussieht, als wäre sie selbst der Glaubensgrundsatz eines totalen, kugelrund geschlossenen Weltbilds, das ähnlich immun gegenüber Kritik, nur eben auf anderer Ebene daherkommt. Überheblich buchstäblich, aber komplett ausgebreitet – keine Angst das passiert hier und jetzt nicht – erschiene es jedoch so offen und radikal, wie nur denkbar, dabei weder ein Relativismus, noch Nihilismus, noch (»Neuer«) Realismus oder gar Empirismus, schon gar nicht Spiritismus, Poly- oder Monotheimus. Ich würde ein Hohelied singen auf ein pures Zwischen, dessen Kraft zum Sprengstoff für Semantik, Syntax und Grammatik taugt. Versprochen ist versprochen – also: Schluss!

Oder ich kompensiere das Lechzen nach Gedankenranken anderweitig, umwegig auf ein scheinbar anderes Ziel hingleitend. Ja, nach so vielen anturnenden Ismen folgt jetzt unweigerlich ein Quickie wilder wie wahllos willenloser Philosophie, nur ein paar wenige Absätze, in denen ich eine Kritik eindeutiger Welterklärung vom Stapel lassen möchte. Es wird eventuell textuell passenweise hart, aber immerhin nur eine Handvoll Absätze und die nur mit gutem argumentativem Zweck, das sei vorab abermals versichert.

Es gibt seit Äonen Myriaden möglicher Einzelphänomene in unserer gemeinsamen Welt. Da draußen waren, werden sein und vor allem sind unendliche viele wahrnehmbare und kommunizierbare Sachverhalte, Dinge und Ideen. Jeder von uns bekommt davon in einer unendlich kleinen Gegenwart und den anschließenden Rückbezügen nur wenige davon wirklich selbst mit. So nimmt jeder aus seiner raumzeitlichen und subjektiver Perspektive anderes anders wahr und selten teilt somit eine größere Gruppe einen Phänomenhorizont, womit eine Menge an synchron erlebten Phänomenen gemeint sind, die streng ausgelegt in möglichst analoger, kohärenter Relation zu den beteiligten Subjekten stehen sollten.

Damit schnell weg von der Außenwelt, gehen wir endlich nach innen: Wie die vielen Individuen die wenigen gemeinsamen Erfahrungen mit den geteilten Bruchstücken der Außenwelt dann jeweils beurteilen, macht die Sache erst so richtig vertrackt, ganz zu schweigen von den unmöglichen Zumutungen der fundamentalten Sprachlichkeit ihres Austauschs, über ihre Erfahrungen, Meinungen, Urteile, sowie, wenn vorhanden, über ihren grundsätzlichen Glauben, ihr Weltbild. Ihre Bildung, ihre Biografie, eines jeden Biologie und noch einige Faktoren, die sich nicht so schön alliterieren lassen, sorgen kraftvoll dafür, dass eine kaum vergleichbarer Phänomenhorizont, wenn er Wahrnehmung und Bewusstseinsinhalt geworden, noch unvergleichlicher, schier unendlich individuell geworden ist.

Dann kommt zum Glück der Diskurs, das Gespräch aller mit allen. Innenwelt und Innenwelt kommen über die Außenwelt und auf sich selbst zu Sprechen. Durch sprachliche Darstellung formen Personen und Gruppen aus dem wirren Chaos da draußen einen schön miteinander verbundenen Bewusstseins-Text, der vielfältig teilbar ist. Dabei sind Meinung und Überzeugung möglich, auch wenn man nicht dabei war, auch wenn man nicht identisch ist mit dem oder den ersten Bedenkern des originalen Phänomenkomplexes. Soweit, so abstrakt – man nehme also einen Korb voll Einzelphänomene, einen Bund Subjektivität, einen guten Doppel-Schlag Kognition/Reflexion, garniere alles mit Glauben, Liebe, Hoffnung und vergesse zuletzt nicht eine Prise Zufall, schon hat man den Salat. Das ist unglaublich toll, macht enormen Spaß und schafft bestenfalls am Ende große Kulturgüter, aber dadurch wird dennoch nicht alles das real, was wir uns dabei so vorstellen und worüber wir sprechen wollen und können. Ich denke also bin ich, aber was ich denke, ist nicht zugleich die Welt, es bleibt meine Welt. Ontologische Differenz, nennt diesen Graben zwischen Essenz und Existenz manch ein Philosoph.

Differenzen lauern also überall. Auch lassen sich zwischen den diversen Aussagen über die Welt enorme Unterschiede hinsichtlich Qualität, Angemessenheit, Anspruch attestieren. Wie operationalisierbar eine solche Messung sein kann oder wer überhaupt wen messen darf, ist mir hierbei herzlich egal; mir geht es lediglich darum, dass neben aller fundamentalen Skepsis ein lernfähiger Maßstab des Denkens vorstellbar bleiben muss. Ohne einen solchen bleibt jedes Denken hilflos, jedoch kommt es auf die Art des Maßstabes und die Weise des Maßnehmens an. Hierin, so viel sei zusammengefasst und zugleich angedeutet, liegt der überschriftenfähige Unterschied zwischen »Verschwörungstheoretikern« (Dogmatiker, Positivisten und Mon(-othe-)isten frecherweise inklusive) und »Terroristenverstehern«: Auf der gemeinsamen Basis einer kritisch hinterfragten Außenwelt findet eine unterschiedliche Auseinandersetzung mit der Innenwelt statt.

Bei einer an unendlich grenzenden Fülle an Phänomenen, wissend, dass das Kaleidoskop des Bewusstseins in der Zeit ein verschwindendes Quantum davon herausbricht und eigenwillig neu verbindet, braucht man schon ganz schön viel Glauben, um eine Erklärung, ein Modell, eine Meinung für einzig alleine wahr zu halten. In einer technisch-modernen Welt massen- und multimedial verschränkter globaler Wissennetze wird dieser Zustand praktisch erst richtig komplex, wo er doch schon metaphysisch und epistemisch prekär ist. All die groben und feinen Unterschiede verwischen dadurch noch weiter, die Grenzen zwischen den Kategorien bröckeln, die Zäune um die Worte halten nicht mehr stand, kaum noch kann klar getrennt werden, es vermischt sich konfus zwischen Wissen, Fiktion und Information. Die Literatur und ihr Modus der erzählerischen Fiktion; der Journalismus in all seinen Schattierungen und Abarten, seinerseits zwischen Literatur und faktisch-hartem Sachtext, schwankend, grob mittig situiert und im Umgang mit Weltbezug und Erfahrungswert schon auf diese verpflichtet, insgesamt idealerweise informierend; nicht geadelt wie zuletzt die heiligen Hallen der Wissenschaft, wo drei der edleren Kinder der Wahrheit, Erkenntnis, Objektivität und Evidenz, ihr Exil auf Erden gefunden haben. Aber trotzdem, es bleibt dabei, ist das berechtigte Zweifeln keine Legitimation für generellen, überall und nirgendwo Verschwörung witternden Aber-Glauben, der letztlich an Relativismus und Nihilismus gleichermaßen grenzt, der sich schlimmer und plumper noch als die im Vergleich komplexen wie traditionsreicheren Religionen am menschlichen Bewusstsein versündigt. Positive Simplifizierung, das ist die Anklage, die ich feierlich erhebe. Mit Glück teilt ein mit (Un-)Glauben überfüllter Geist wenigstens binär, beispielsweise zwischen wahr und falsch, gut und böse, faktisch und fantastisch, aber auch Dinge wie ich und du, wir und sie, Freund und Feind; damit sind immerhin verblüffende 50% vs. 50% der Welt differenziert worden – Glückwunsch!

Ontologisch unterkomplex und -determiniert, alles in allem ungenügend bis unbefriedigend, schließe ich fremd- wie selbstkritisch urteilend den philosophischen Anfall beinahe wieder ab. Wer glaubt sich selbst, irgendetwas wirklich restlos verstanden zu haben? Ein paar Wissensgebiete, ein paar Hobbys und natürlich der Beruf, dabei kommt Ottonormalbürger unter 10% Differenzierung bzw. 90% Verständnis, wie ein freimütiger Onto-Epistemologe mathematisch-allegorisch zu überschlagen wagt. Mal ehrlich, mehr als 25%=1/4 Begriffstunterscheidungen in einem beliebigen Phänomenbereich oder an guten Tagen in lichten Momenten dort und natürlich bei Steckenpferden 12,5%=1/8 Differenzierung trau ich mir selbst nicht zu – aber etwas mehr als so manche (Welt-)Religion das in vielen Lebensbereichen tut, habe ich und haben wir damit immerhin schon mal geschafft. Bevor ich, in spiegelnder Wasseroberfläche mich verlierend, den roten Faden, an dem der Textgegenstand angebunden sein sollte, verliere: Husch, husch zurück zum Argumentationsgang.

Statischtisch betrachtet, soviel dient hier wirklich die Mathematik als Zugang, werden solche Existenzerklärungsmodelle an Genauigkeit und Fehlertoleranz nur von reinem Wahnsinn (0%=0 und 100%=1) über- oder unterboten – was jeweils perspektivisch gefällt, denn Wahnsinn hat auch so seine Potenziale. Ich jedenfalls weiß nicht, Gott bewahre, allerdings glaube ich zum Teufel noch mal, dass die Welt (noch) nicht so leicht zu kontrollieren ist, wie das die typischen Verschwörungstheorien impliziert. Nur in der Literatur funktioniert das so schön und reibungslos, das nennt sich Plot, Story oder Handlung. Solchermaßen glatt, genial und gleichförmig wie die pyramidalen Machtstrukturen der Welterklärung aufgebaut sind, die Verschwörungstheorie und Monotheismen gleichermaßen gerne für sich und ihre Anhänger konstruieren, ist die Welt nicht, geschieht der Leben nicht. Mit solchen kontrastreichen, schönen Weltbildern schützt sich der selbstverliebte und ängstliche Geist vor der Entropie dort draußen in der Wildnis der Existenz, wo sich Sein und Werden mischen. Letztlich sind alle Weltsichten die Innen- und Außenwelt, respektive die in Frage stehenden Phänomenmengen der Welt auf weniger als 33%=1/3 Begriffe hin unterscheiden und diese allseitig anerkennen, dubios. Sie sind eine einfache und bequeme epistemische Option oder lustiger formuliert, eine Wette auf die Wahrheit der eigenen Sache. Alles oder Nichts! Sinn und Bedeutung sind möglich, das muss ich abermals betonen, sonst missversteht man mich am Ende noch falsch. Wäre dem nicht so, was wollte ich sagen außer: nein, aber, nicht, kein, zu wenig? Abstrakt und philosophisch zusammenfassend ausgedrückt gilt es, ohne ungebührliche (>33%=Begriffsdifferenzierung der Phänomenmenge) Vereinfachung die Vieldimensionalität der Existenz (Sein+Werden+Bewusstsein) anzuerkennen.

Damit kehre ich ausdrücklich zurück auf den konkreten Gegenstand, den ich am Ende des roten Fadens soeben hinter dem philosophischen Bombast wiederentdeckt habe. Nun löse ich endgültig das zuvor nach der nun wohl erwiesenermaßen berechtigten  Warnung gegebene Versprechen wirklich ein und beende den notwendigen Exkurs wider die Einfältigkeit.

Ich behaupte anschaulich und gelegentlich aus dramaturgischen Gründen etwas derb: Es sind so verdammt viele unterschiedliche Akteure mit verflucht vielen unterschiedlichen Interessen im Spiel um Welt involviert, dass hier einfache Wahrheiten pures Gift für den Geist sind. Die Weltpolitik im medialen Zerrspiegel erblicken zu wollen und zu können, ohne Verschwörungstheorien zu erliegen, ist Bürgerpflicht. Auf die Masse an poltischen Wettkämpfern kommen immer mehr Bürger, die aufpassen könnten, auch wenn letztlich die großen Wettbüros allesamt gleichermaßen über den Tisch ziehen. Zudem treten sie alle in unterschiedlichsten Disziplinen auf wechselndem Spielplatz gegen- und miteinander an. Es gibt stärkere und schwächere Kontrahenten, das zwar, aber weder klare Regeln, noch genug effektive Schiedsrichter, nicht einmal der Einsatz und der Gewinn sind kalkulierbare Größen. Bei solchen nur vagen Voraussetzungen wage ich für meinen Teil keine Wette mit dem gefühlten Einsatz von Leben und Seelenheil, selbst wenn Recht, Gott und Wahrheit als Hauptpreise locken.

Schließlich schließt sich der Bogen zum Beginn und zum rahmende Text-Fast-Food mit einem langen und breiten Umweg über meine wildphilosophische Weigerung, mich als »Verschwörungstheoretiker« beschimpfen lassen zu wollen. Stattdessen habe ich den Weg des »Terroristenverstehers« gewählt. Der bisher verschwiegene und laue dritte Weg, der über die breit ausgetretenen Pfade politischer Korrektheit, bequemer Naivität und purer Ignoranz führt, stand für mich außer Frage. Er behagte mir trotz entgangener Lockungen wie kumpelhaftes Schulterklopfen, gütiges Kopfnicken und Unmengen Likes noch nie und nicht im Geringsten.

Also führt die Route auf den steinigen Rundkurs des Verstehenwollen ohne Hoffnung auf absolutes Verständnis, dabei hin und her, vom Sender zum Empfänger und wieder zurück, immer mit Rückblick auf die Strukturen der beteiligten (Mutter-)Sprachen, getragen von Respekt, Offenheit und Neugierde. Solche (Dis-)Kurse führen notgedrungen auf die Aussagen des anderen, verpflichten sich auf aktives Zuhören und eine Auseinandersetzung mit dem Gegenüber, je primärer, desto besser; je reicher an Quellen, desto besser. Unser Text-Attentäter und in ich in seinem Gefolge begnügen uns zunächst mit lediglich zwei Zugänge zur prekären Frage nach dem Terrorismus. Nun sind wir fast angelangt am zweiten Text-Fast-Food, dem angekündigten Primärmaterial.

Medienkritik spielt hier weiterhin eine wichtige Rolle, ist jedoch neben einer expliziten Stelle eher impliziter Metatext zum Interview. Geführt wurde es mit einem möglichen Terroristen, der wiederum gegen viele andere Terroristen kämpft, durch einen Vertreter aus der Rige des sog. Qualitätsjournalismus. Die Zeilen machen einen anderen Blick auf den Terror möglich, zeigen, durch die rhetorische Brechung des westlichen Journalisten hindurch, einen geschickt wie zynisch argumentierenden Diktator mit Terrortendenz. Dieser ist zuvor, oben im ersten Bezugstext medienkritisch relativiert und als Opfer manipulativer Verunglimpfung und weltpolitischer Schachzüge in Schutz genommen worden. Lesen oder hören wir nun also selbst frisches Denkmaterial für potenzielle Terroristenversteher. Es wurde lediglich übersetzt und wird nur ein bisschen zur Selbstinszenierung missbraucht.

Wie das Pamphlet gegen Verschwörer praktisch ausgelegt gebietet, dürfen Menschen und Kollektive weder als Teile eines unilateralen Puppenspiels, noch per se als die Bösen, nein Wilden, bloße Tiere oder grausame Monster betrachtet werden. Den Versuch, das zu vermeiden, wage ich immer wieder gerne. Beim Projekt, ein Verstehen von Baschar el-Assad voranzutreiben, stößt man bei gründlichem Hinhören auf zwar überspitzte, aber im Grunde überhaupt nicht so unzivilisiert und bestialisch klingende Bekundungen. Wie viel Ehrlichkeit diese Aussagen begleitet, bleibt – so ist es halt – medial-verworren und damit ungewiss, es sei denn, sie haben einen Augenzeugen oder Experten ihrer Wahl zur Hand, der zutiefst vertrauenswürdig, unbestechlich und unabhängig ist. Inwieweit diese Person existiert, hängt von der Wahl des Weltbildes bzw. des Existenzmodells ab, sie muss jedenfalls phänomenal umfassend im Bilde sein.

Neugier, Neutralität und Nachdenken – in dieser Reihenfolge versuche ich das Verstehenwollen von Terroristen und -anwärtern zu betreiben. Wenn Ereignisse nicht einfach und erst recht nicht leicht sind und also nicht elegant verklärt werden können, dann muss man, dann sollte man, dann darf man sich selbst erkundigen. Aufklärung tut Not, so viel wissen wir seit Jahrhunderten, aber ist das Motiv genug, sich wirklich selbst darum zu bemühen. Den wohlverdienten Feierabend für Recherche und Lektüre zu nutzen, anstatt es sich einfach gut gehen zu lassen, unterscheidet zwar nicht vom Verschwörungstheoretiker, macht aber noch lange keinen Terroristenversteher. Was also ist nötig und vor allem ist das irgendwie gefährlich?

Ja und viel, lauten die Antworten in Kurzform. Kurz und knapp ausgeführt ist die Langform: Gewissheiten und kostet der Schritt jeden, Zweifel gibt es dafür zuhauf, simpler Trost und manche behagliche Fantasie gehen einem verloren, bisweilen entfernen sich bei redseligen Gemütern sogar Freunde und insbesondere Verwandte sind betroffen, Kunden und Chefs mögen solcherlei Querelen auch nicht unbedingt. Aus pragmatischer Hinsicht sind also ein mental bis sozial dickes Fell und vor allem die Fähigkeiten der Diplomatie, der selektiven Heuchelei und der rhetorischen Blendung ein notwendiges Rüstzeug für die Reise in die Welt jenseits von Gut und Böse. Fantasie und Freizügigkeit, Furchtlosigkeit und Frechheit kommen beim Spielen, Spekulieren, Kritisieren und Reflektieren auf kognitiver Ebene zum Einsatz. Besonderes Merkmal dieser Haltung ist die stete Dynamik, die sie dem Verstehensaspiranten gnadenlos abfordert, denn gedanklich stillzustehen, an- und innezuhalten und sich bequem mit einer schmackhaften Erkenntnis oder einer deftigen Negation labend auszuruhen, ist verpönt. Fremd- und Selbstkritik folgen einander im raschen Wechsel. Frage, Einwand und Argument sind beherrschende Funktion der Sprache, Differenz, Wurzel und Wahrscheinlichkeit ständige Operationen. Wo Empathie und Zynismus sich noch zögerlich die Hände reichen, umarmen sich Ethik der Menschlichekit und Zerstörungswut fremden Gedankeneigentums bereits innig und Spott, Trost, Streit sowie Versöhnung kopulieren wild. Willkommen in der wunderbaren Welt abstrakt-öbszöner Idealisierungen.

Aber auch hier lockt erstrebenswerter Gewinn und sicherlich noch der ein oder andere Kollateralnutzen: Freiheit des Geistes plus Offenheit des Bewusstseins multipliziert mit mentalem Zirkeltraining minus Vorurteil, Intoleranz und Narzissmus, zuletzt geteilt durch Gewaltverzicht, Geduld und Gastfreundschaft. Terroristenversteher neigen aus augenfälligen Gründen auch dem Verständnis für Flüchtlinge, Verräter und dem x-beliebigen Sünder im Allgemeinen zu.

Nun also, auf, auf! Die Gedankenpraxis steht klar im Vordergrund aller Verständnisambitionen, deren Ausübung sollte durch mich nicht länger textend hinausgezögert werden. Leset also, wie sich der Präsident Syriens öffentlich rechtfertigt, der seit gut 5 Jahren Krieg gegen sein eigenes Volk führt oder wie er sich ausdrückt, gegen die Teile der Bevölkerung, die zu Terroristen geworden seien und deren ausländische Unterstützer. Gemeinsames Ziel dieser Allianz sei es, auf dem Weg eines instrumentellen Terrorismus wandelnd die Verfassung des Staats Syrien nicht nur zu bedrohen, sondern nach ihrem Willen umzugestalten oder zur Not zu vernichten. Was er wohl ist, der Herr Präsident: Verschwörungstheoretiker, Terroristenversteher, Terrorist oder etwas ganz anderes, wie eventuell Alawit, Zahnarzt, Vater oder Mensch?

Nacht-diskursiv ermüdet und medial ver(un)sichert, Euer Satorius


ARD: Nehmen wir einmal an, Herr Präsident, ich wäre nicht ein Terrorist vom IS und der Al-Nusra-Front, sondern ein Aufständischer der Freien Syrischen Armee: Was sollte ich tun, damit Sie mich wieder als syrischen Zivilisten akzeptieren?

 

Assad: Legen Sie einfach die Waffen nieder – ob Sie nun am politischen Prozess teilnehmen möchten oder sich für diesen gar nicht interessieren, ob Sie überhaupt keine politische Agenda verfolgen – das spielt keine Rolle. Das Wichtigste für mich ist aus rechtlicher und verfassungsrechtlicher Sicht und im Hinblick auf das Interesse des syrischen Volkes und die in jedwedem Staat geltenden Grundsätze, dass Sie als Bürger nicht das Recht haben, mit Maschinengewehren herumzulaufen und diese gegen Menschen und deren Besitz zu richten. Mehr verlangen wir nicht. Wir verlangen überhaupt nichts. Wie schon gesagt, bekommen Sie eine uneingeschränkte Amnestie, und das ist auch schon der Fall gewesen. Sie sind der syrischen Armee beigetreten, und einige von ihnen auch dem politischen Leben.

 

[…]

 

ARD: Warum kann die syrische Regierung nicht akzeptieren, dass man es mit zwei verschiedenen Gruppen zu tun hat: Auf der einen Seite mit den Terroristen vom IS und der Al-Nusra-Front und auf der anderen Seite mit den Aufständischen, die, sagen wir, ziviler sind? Warum sagen Sie immer, Sie bekämpften lediglich Terroristen?

 

Assad: Wer bewaffnet gegen Zivilisten oder gegen privates oder öffentliches Eigentum vorgeht, ist von Rechts wegen ein Terrorist. Ich glaube, das ist bei uns nicht anders als in Ihrem Land. Sie akzeptieren bei Ihnen auch nicht, was man Aufständische nennt. Sie haben zwar eine Opposition, akzeptieren jedoch nicht, dass eine sogenannte „gemäßigte Opposition“ sich bewaffnet, um ihre Ziele zu erreichen. Das wird in keinem Land geduldet. Soweit ein Aspekt ihrer Frage.

 

Nun der andere: Wir bezeichnen nicht jeden Militanten als Extremisten. Es ist die Mehrheit derer, die über das Terrain die Kontrolle übernommen haben – das sind ausschließlich diese extremistischen Gruppen. Der andere Teil, den man als gemäßigt hervorgehoben hat, ist irrelevant und ohne Bedeutung. Sie haben gar keinen Einfluss vor Ort, so dass dort die meisten sich den Extremisten anschließen müssen – nicht weil diese Extremisten sind, eher vielleicht aus Angst oder wegen des Geldes oder eines Soldes. Daher sagen wir, dass wir die Extremisten bekämpfen, da der wahre Feind, nämlich der Terrorismus, aus diesen terroristischen Gruppen besteht – vorwiegend IS und al-Nusra aber auch Ahrar al-Sham sowie Jaish al-Islam.

 

[…]

 

ARD: Ich war im Jahre 2012 hier, als die ersten Parlamentswahlen stattfanden. Wie können Sie in Zeiten des Bürgerkrieges Wahlen abhalten?

 

Assad: Zunächst einmal gibt es keinen Bürgerkrieg, da die Definition nicht stimmt. In einem Bürgerkrieg sind gewisse Linien zu erkennen, gesellschaftliche Linien je nach religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit, oder andere, vergleichbare Linien. Diese haben wir derzeit jedoch nicht, da in den durch die Regierung kontrollierten Gebieten das gesamte Spektrum der syrischen Gesellschaft in all seiner Farbenvielfalt abgebildet ist. Mit der Definition „Bürgerkrieg“ liegen Sie daher nicht richtig. Tatsächlich muss es heißen „die Terroristen gegen den Rest“.

 

Zweitens zu den Wahlen: Die sind ja zunächst einmal keine Freizeitbeschäftigung und folgen nicht aus der Auffassung des Präsidenten oder aus der Stimmung in der Regierung. Damit haben sie gar nichts zu tun, sondern sie sind Ausdruck der Verfassung. In unserem Krieg geht es um die Unabhängigkeit unseres Landes, denn man – das heißt andere Länder und vor allem der Westen, Saudi Arabien und Katar – will die Regierung und den Präsidenten absetzen.

 

Man will den Staat zerstören und aus Syrien ein nach Religionen geteiltes Land wie den Libanon und vielleicht den Irak machen. Die Verfassung ist heute ein Symbol der Einheit und der Souveränität, und das Symbol für ein unabhängiges Land. Wir müssen uns an die Verfassung halten. Verfassung ist jedoch nicht das, was auf dem Papier steht, sondern die Art, wie man damit umgeht. Dazu gehören auch die Wahlen, und diese sind kein Recht der Regierung sondern das Recht jedes einzelnen syrischen Bürgers. Die Bürger entscheiden darüber, ob sie Wahlen wollen oder nicht. Und egal, welchen Syrer Sie fragen – sie alle wünschen sich ein neues Parlament.

 

[…]

 

ARD: Die überwältigende Mehrheit der Länder und der Organisationen in aller Welt sagen, es werde womöglich keine Lösung für Syrien geben, solange Sie an der Macht sind. Sind Sie zum Rücktritt bereit?

 

Assad: Für die genannten Länder und Offiziellen? Nein, natürlich nicht, denn das geht sie gar nichts an. Deswegen habe ich darauf nie reagiert. Wir hören diese Dinge jetzt seit fünf Jahren und es ist uns egal, was von dort kommt. Das ist nur unsere Sache, die Sache Syriens. Nur die syrischen Bürger haben das Recht zu befinden, wer ihr Präsident sein soll. Als Deutscher lassen Sie sich auch nicht von mir oder von wem auch immer sagen, wer bei Ihnen Kanzler sein soll und welches politische System Sie wollen. Das akzeptieren Sie nicht und das akzeptieren auch wir nicht. Also noch einmal: Nein – was immer von denen zu hören ist – mein politisches Schicksal hat nur mit dem Willen des syrischen Volkes zu tun.
… aber wenn es das syrische Volk will

 

ARD: Aber allgemein gefragt: Wären die Bedingungen so, dass das syrische Volk Ihren Rücktritt will – wären Sie dann dazu bereit?

 

Assad: Ja natürlich, keine Frage. Wenn das syrische Volk will, dass ich diesen Platz räume, dann habe ich das sofort und ohne Zögern zu tun. Wollen Sie als Offizieller, als Präsident, als gewählter Regierungschef oder was auch immer erfolgreich sein, dann brauchen sie die Unterstützung der Öffentlichkeit. Ohne diese erreichen sie gar nichts. Was könnten sie dann überhaupt anfangen? Die Dinge sind also eng verknüpft – der Wille der Bevölkerung und ihre Aussichten, etwas zu Stande zu bringen – beziehungsweise erfolgreich zu sein.

 

[…]

 

ARD: Hätte Deutschland – allgemein gesprochen – bezüglich der gesamten Syrien-Frage eine besondere Rolle zu spielen, oder ist es lediglich ein weiteres Land wie die USA und Saudi Arabien?

 

Assad: Wir hoffen, dass jedes Land eine Rolle spielen kann, insbesondere die Länder Europas und die wichtigsten Länder in der EU wie Deutschland mit der stärksten Wirtschaft, das vermutlich in der EU nicht nur wirtschaftlich sondern auch politisch die führende Rolle spielt. Praktisch gesprochen sehen wir eine solche Rolle allerdings noch nicht, da dies den entsprechenden Willen voraussetzt und der Wille mit Unabhängigkeit zu tun hat

.

Es stellt sich die Frage, wie viele europäische Politiker von der Haltung der USA unabhängig sind. Was wir bisher erkennen können, ist nicht mehr als die Kopie dessen, was amerikanische Politiker sagen – und dessen was sie tun. Das ist alles, was wir erkennen können. Ich kann also nichts zu einer möglichen Rolle sagen, wenn die Unabhängigkeit fehlt.

 

[…]

 

ARD: Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sagt, im Jahre 2015 seien 94 Krankenhäuser mit staatlicher Hilfe bombardiert worden. Wie ist so etwas möglich? Sie können doch nicht behaupten, dass all diese, sagen wir einmal, Kriegsverbrechen lediglich durch die US-geführte Koalition verübt wurden. Einen Anteil daran hatten doch auch Russland und Syrien.

 

Assad: Tatsächlich wissen wir bei dem einen, insbesondere bei diesem besonderen Zwischenfall nicht, wer verantwortlich war. Aber wenn wir das wollten, hätten wir schon lange die Gelegenheit dazu gehabt. Wir sind doch hier und hätten das immer schon machen können. Es gab für uns keinen Grund, ein Krankenhaus anzugreifen.

 

Natürlich ist das, was Sie als Verbrechen erwähnen, ein Verbrechen, aber es kommt darauf an, von welchen Kriterien man diese Definition abhängig macht. Nach unseren Kriterien handelt es sich um ein Verbrechen. Nicht jedoch nach den Kriterien des Westens, und dies aus einem einfachen Grund: Der Westen hat bisher den Krieg gegen den Irak im Jahr 2003, während dessen mehr als eineinhalb Million Menschen umgebracht wurden, zu keinem Zeitpunkt als Kriegsverbrechen eingestuft. Ebenso wenig hat man das im Jemen getan, wo die Saudis Gräueltaten begangen haben. Und auch nicht in Syrien: Wenn die Aufständischen Tausende von Unschuldigen mit Granaten und Selbstmordattentätern umbringen, dann spricht man dort offen gesagt auch nicht von Verbrechen. Es ist also eine Frage der Kriterien. Nach unseren Kriterien ist jeder ein Verbrecher, der solche Taten verübt.

 

ARD: Zur Klarstellung – die meisten Kriegsbeobachter sagen, die syrische Armee und die russische Luftwaffe seien dafür verantwortlich – und zwar nicht als Kollateralschaden, denn das Bombardieren von Schulen und Krankenhäusern sei Teil ihrer Kriegsstrategie. Lastet da nicht ein hohes Gewicht auf Ihren Schultern?

 

Assad: Angesichts eines solchen Diskurses müssen Sie sich eine einfache Frage stellen: Was würde uns das bringen? Welches Interesse könnten wir daran haben? Aber ganz unabhängig davon und wenn wir Werte und Prinzipien einmal bei Seite lassen, so müssen wir doch erkennen, dass der Staat diese Gebäude errichtet hat und dass er sie für die Menschen und für sich selbst benötigt. Wenn er die Menschen auf seiner Seite wissen will, dann muss er ihnen ein Minimum an Infrastruktur und an Dienstleistungen bieten. So einfach ist das. Aber unabhängig davon bleibt doch die Frage, was uns das bringen würde. Wir würden nur verlieren und gar nichts gewinnen. Wir haben also keinerlei Interesse an einem derartigen Vorgehen.

 

[…]

 

ARD: Schauen wir fünf Jahre zurück in die Zeit, als die Aufstände in der arabischen Welt begannen, und zwar auch in Daraa im Süden Syriens und an der Grenze zu Jordanien. Wir haben den Eindruck, dass dort ein paar übermütige Jugendliche Graffitis an eine Mauer sprühten und dafür inhaftiert wurden. Als ihre Eltern sie zurückhaben wollten, haben die Sicherheitskräfte mit äußerster Härte zurückgeschlagen. War es klug, derartige Verrücktheiten von jungen Menschen so hart zu bekämpfen und damit den Startschuss für den Bürgerkrieg zu geben?

 

 

Assad: Zunächst einmal hat es die ganze Geschichte gar nicht gegeben. Sie ist einfach nicht passiert, sondern war reine Propaganda. Wir haben davon gehört, aber nie auch nur eines dieser Kinder gesehen, die ins Gefängnis gekommen sind. Es war eine Lügengeschichte. Angenommen, das nicht Geschehene sei geschehen – vergleichen wir es dann doch einmal mit den Ereignissen in den USA im vergangenen Jahr, wo alle über die Tötung vieler Schwarzer durch die Polizei diskutierten, die in den USA von sehr vielen Menschen verurteilt wird.

 

 

Hat da etwa irgendjemand den Leuten gesagt, sie sollten sich Maschinengewehre besorgen und andere Menschen umbringen, nur weil der Polizeibeamte einen Fehler begangen hat? Das ist natürlich keine Entschuldigung. Also – geschehen ist das Erwähnte nicht, wäre es jedoch geschehen, so wäre es kein Vorwand für irgendjemanden, sich zu bewaffnen, gegen die Regierung zu kämpfen und unschuldige Zivilisten zu töten.

 

 

Und die nächste Frage, welche Gegenmaßnahmen würden Sie ergreifen, wenn auf Ihren Straßen Menschen andere Menschen umbringen und sich an fremdem Besitz vergreifen. Sagen Sie denen: „Macht, was ihr wollt. Wir sind offen für alles. Und reagieren werden wir auch nicht“? Das wäre nicht in Ordnung. Wir haben da keine Wahl: Wir müssen ihnen Einhalt gebieten und sie am weiteren Töten hindern. Andererseits kommen sie mit Maschinengewehren, und da können wir sie nicht mit Luftballons bekämpfen. Gegen diese militanten Kräfte können wir nur mit unseren eigenen Waffen angehen. Eine Alternative hatten wir seinerzeit nicht.

 

 

Auszüge aus dem ARD-Interview von Thomas Aders mit Baschar al-Assad am 28.02.2016 in Damaskus (Direktlink zur Quelle)

Ein nietzscheanisches Geister-Zwitschern

„Werde der, der Du bist“, sagt Zarathustra. „Verwirklich Dich selbst!“, sagen Therapeuten; in den meisten Fällen haben sie keine Ahnung, was sie damit sagen. Nietzsche hat es gewusst: Du entdeckst Dich selbst als himmellosen Engel, als eine einsame Gestalt, die friedlos und immer unbefriedigt von animalischen Trieben dazu verführt wird, illusionäre Heimaten zu erschaffen.

 

Thomas Hürlimann (1950 – ), Nietzsches Regenschirm


An sich ein schöne Sache, so eine Heimat, sofern man noch eine hat. Für sich aber derezit eine gefährliche Sache, da Heimat als rares Gut begriffen und damit gründlich missverstanden wird. Daraufhin wird sie fatal folgerichtig als ständig bedrohnt erfahren, gar zu schützen versucht. Zuletzt wird sie tapfer verteidgt, mit defensiven bis offensiven, allseits geheiligten Mitteln. Munter und eifrig sind die Wächter der Heimat im Einsatz gegen die gefürchteten Fremden von draußen hinter den Grenzen. Der Gastfreundschaft zum Trotz und Hohn, steht hier, diesseits, das Volk und dort drüben, jenseits, die da, sie da, die anderen halt..

Diese Wanderer und ihre Schatten werfen ein grelles, entlarvend klares Licht. Tiefschwarze Schlagschatten zeichnen sich deutlich gegen den Hintergrund ab, scharf und kalt konturiert – Schwarz gegen Weiß. Während die Bauern mauern, teilen die Könige, Bischöfe und Ritter den Gewinn brav unter sich auf, ziehen munter ideologische Furchen quer durch Freiheit und Öffentlichkeit. Sie alle nutzen als Instrument, was einst war ein echtes Ideal: Europa. Erwacht sind wir allesamt, jäh und unwirsch, vorbei ist der Väter utopischer Traum.

Er herrscht der historisch-furchtbare Zirkel, rund herum geht es geschwind. Jede Runde immer wieder das Gleiche; und noch Mal herum, immer wieder und weiter drehrt sich das ewige Rad. Hinter seinen schnell rotierenden Speichen, fast nicht zu erkennen im Taumel der Zeit, sitzt und wirkt er, lüstern und verschlagen zugleich, ein düsterer Dämon mit unheiligem Namen: Der Wille zur Macht.

Bereit zur Geisterjagd und offen für Gäste, Euer Satorius

Wahr oder unwahr – das ist hier die Interpretation

Entbirgt Sprache Seiendes, bezeichnen Worte Bedeutungen, ja einen fundamentalen Sinn, der hinter ihrer Lautgestalt und den zur Konservierung verwendeten Buchstaben zu Grunde liegt, fern allen arbiträren Zufällen? Ja, sagt Gadamer und ist damit der gleichen Ansicht wie die meisten unter uns; Nein, sagen hingegen auf ihre je ganz eigene Weise sowohl Derrida als auch Nietzsche, uvm.

Ich bin da höchst ambivalent, wandle mich, wende mich von der Mehrheit ab und tendiere zunehmend zur Fraktion der Skeptiker. Ich hoffe noch auf die monistische Kraft der Sprache, sei sie gesprochen oder geschrieben, befürchte jedoch, dass sich ihre „absolute Wahrheit“ letztlich performativ-paradox verflüchtigen wird. Um es positiv zu wenden: Ich glaube pragmatisch an die kommunikative Funktion, wie ich moralisch von der Möglichkeit und Notwendigkeit einer vernünftigen Verständigung überzeugt sein möchte; halte zudem eine von totalitären Zwängen befreite Sprache für wünschenswert, weil sie frei wäre für Neuheit, Zukunft und Fortschritt, aber auch für ein bloßes Spielen im Garten der rhetorischen Künste, insbesondere im Sandkasten poetischer und literarischer Leichtigkeiten.

Mit einer Zitatmontage gesprochen: Ist eine Rose eine Rose und wird immer eine Rose bleiben oder könnte dereinst eine Rose etwas anderes sein, vielleicht gar eine Rose?

Es mag Bereiche geben, in denen zu Recht auf Exaktheit und Stabilität von sprachlichen Zeichen gepocht wird: Recht, Mathematik, naturwissenschaftlich-technische Disziplinen, analytische Philosophie und dergleichen mehr, dennoch sollten wir zusammen mit den Sprachkritikern anerkennen, dass ein lebendiger Austausch zwischen Subjekten sich weder auf objektive, noch gar auf totale Gewissheiten reduzieren lässt. Im Zweifelsfall muss man darüber reden, nachhaken, fragen, dabei stotternd, erklärend und um Verständigung ringend, immer der Möglichkeit gewahr, dass die eigene Interpretation fehlgehen könnte, daneben liegen können muss. Je mehr Zurückhaltung ist dabei angeraten, desto fremder der Mensch, desto indirekter und technischer das Medium des Gesprächs, desto größer die eigenen Erwartungen, das eigene Ego.

Also kurz und gut: Nehmt mich, meine und die Sprache überhaupt nicht sonderlich ernst; habt allem voran Freude im spielerischen Umgang mit Sender, Empfänger und eurem Medium, vertraut auf die gelingende Praxis und lasst die Theoretiker in ihren kargen Kämmerlein einsam, trost-, furcht- und fruchtlos vor sich hingrübeln!

Im wilden Wechsel von dunklem Sinn und lichtem Unsinn, Euer Satorius


Natürlich hat Gadamer auf seine Weise recht. Wer redet, will verstanden werden. Nur, wie Derrida sogleich bemerkt hat, der Wille ist ein äußerst fragwürdiger Garant dafür, dass das Verstandenwerden auch realisiert wird. Wieso sollte der Wille des einen den anderen verpflichten? Und außerdem: Wieso sollte man eigens etwas wollen, zu dem soweiso alle verpflichtet sind. Die Garantie auf Verständigung, die der Wille geben soll, muß den weiten Umweg über die Installation als transzendentalpragmatische Norm nehmen, um den Leser überhaupt zu erreichen. Und selbst dann hängt alles davon ab, ob er auch bereit ist, sich der Norm zu fügen. Das aber ist zunehmend unwahrscheinlich. Es genügt jemand wie Nietzsche, der kurzerhand erklärt:

„Man will nicht nur verstanden werden, wenn man schreibt, sondern ebenso gewiss auch nicht verstanden werden.“ (Nietzsche: KSA 3, S. 633)

Den Preis den Gadamers Hermeneutik entrichtet, um der Möglichkeit der Alternative von Verstehen und Missverstehen zu entgehen, besteht letztlich in der Streichung des Lesers als Adressaten der Interpretation, und zwar zugunsten von Sedimenten des Seins, die sich an seinen Entscheidungsspielräumen vorbei in ihm ablagern.

„Die eine träumt davon, eine Wahrheit und einen Ursprung zu entziffern, die dem Spiel und der Ordnung des Zeichens entzogen sind, und erlebt die Notwendigkeit der Interpretation gleich einem Exil. Die andere, die dem Ursprung nicht länger zugewandt bleibt, bejaht das Spiel und will über den Menschen und den Humanismus hinausgelangen, weil Mensch der Name des Wesens ist, das die Geschichte der Metaphysik und der Onto-theologie hindurch, das heißt im Ganzen seiner Geschichte, die volle Präsenz, den versichernden Grund, den Ursprung und das Ende des Spiels geträumt hat.“ (Derrida: Die Struktur, das Zeichen und das Spiel im Diskurs der Wissenschaften vom Menschen. In: Die Schrift und die Differenz, S. 441)

Matthias Schöning, Gesten der Interpretation, Gadamer und Derrida, S. 6f.

Trübsinnig-tristes Epochenquartett

125.
Der tolle Mensch. − Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: „ich suche Gott! Ich suche Gott!“ − Da dort gerade Viele von Denen zusammen standen, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein grosses Gelächter. Ist er denn verloren gegangen? sagte der Eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der Andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? − so schrieen und lachten sie durcheinander. Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. „Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getödtet, − ihr und ich! Wir Alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir diess gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was thaten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch Nichts von dem Lärm der Todtengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch Nichts von der göttlichen Verwesung? − auch Götter verwesen! Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir haben ihn getödtet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besass, es ist unter unseren Messern verblutet, − wer wischt diess Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnfeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Grösse dieser That zu gross für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Es gab nie eine grössere That, − und wer nur immer nach uns geboren wird, gehört um dieser That willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!“ − Hier schwieg der tolle Mensch und sah wieder seine Zuhörer an auch sie schwiegen und blickten befremdet auf ihn. Endlich warf er seine Laterne auf den Boden, dass sie in Stücke sprang und erlosch. „Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Diess ungeheure Ereigniss ist noch unterwegs und wandert, − es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Thaten brauchen Zeit, auch nachdem sie gethan sind, um gesehen und gehört zu werden. Diese That ist ihnen immer noch ferner, als die fernsten Gestirne, − und doch haben sie dieselbe gethan!“ − Man erzählt noch, dass der tolle Mensch des selbigen Tages in verschiedene Kirchen eingedrungen sei und darin sein Requiem aeternam deo angestimmt habe. Hinausgeführt und zur Rede gesetzt, habe er immer nur diess entgegnet: „Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Grüfte und Grabmäler Gottes sind?“

Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Fröhliche Wissenschaft, S. 86 (la gaya scienza; 1882)


Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n –
Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!

Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts ach! wie lange schon!
Was bist du, Narr,
Vor Winters in die Welt – entflohn?

Die Welt – ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer Das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.

Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.

Flieg‘, Vogel, schnarr‘
Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! –
Versteck‘ du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n –
Weh dem, der keine Heimat hat!

Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Die Krähen schrei’n – Vereinsamt – Der Freigeist – Abschied – Heimweh – Aus der Wüste, in: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden – KSA. Band 11: Nachgelassene Fragmente, 1884 – 1885, S. 329 (1884 – 1894)


Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.

Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.

Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit

Die letzten Häuser in das Land verirrn.

Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,

Die großen Städte knieen um ihn her.

Der Kirchenglocken ungeheure Zahl

Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.

Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik

Der Millionen durch die Straßen laut.

Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik

Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.

Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.

Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.

Die Stürme flattern, die wie Geier schauen

Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.

Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.

Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt

Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust

Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.

Georg Heym (1887 – 1912), Der Gott der Stadt, in: Der ewige Tag, S. 13 (1911)


Zuerst die wirre Prophetie des nahen Todes, dann die ahnungsvolle Kühle des spürbaren Verfalls, zuletzt das ungestüme Wüten einer neuen götllichen Tyrannis – bis wohin hat sich das Rad der Zeit wohl für uns im 21. Jahrhundert weitergedreht?

Ewige Wiederkehr, dekadente Degenration oder zivilisatorischer Fortschritt sind die abstrakten, allzu reinen Denkmöglichkeiten, die sich einem heutigen Epochenrichter anböten, wollte er ein gutes Jahrhundert nach diesen beiden zugleich sensiblen wie kritischen Geistern neuerlich kulturhistorische Bilanz ziehen. Ich allerdings wage nicht, die Rolle eines solchen Richters zu spielen. Einerseits gebändigt durch intellektuelle Redlichkeit im Angesicht einer komplexen, eben konkreten und nicht abstrakten Wirklickeit, andererseits geblendet und sediert durch all die Waren, Dienstleistungen und Produkte, all die Genüsse, Zerstreuungen und Anhaftungen. Derart werden große (Sinn-)Fragen und die sie tragende grundsätzliche Neugier hart demotiviert, herb deklassiert und heftig desavouiert.

Pah – genug der vorgeschobenen, geradezu beschwörenden Zurückhaltung: Versuch gescheitert! Die Dämme bröckeln und knirschen, brechen sodann; der Gedankenstrom ergießt sich ungebremst und ungeschlacht in die Niederungen, reißt dort angelangt Allerlei mit sich, pflügt Schneisen, schlägt Breschen und erschüttert dabei Stadt wie Land gleichermaßen.

Was also ist geworden, wohin hat es sich entwickelt hier im vermeintlichen Zentrum der Welt, an der Speerspitze der kulturellen Entwicklung und wie sieht es in der Peripherie, im Speckgürtel des globalen Dorfes aus?

Globalisierung, Pluralismus und Liberalismus, dieser Triade voran sind Wachstum, Bildung, Freiheit und Wohlstand derzeit die wohlklingend Substantive, die uns der Zeitgeist anbietet, um die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts vergessen zu machen. Das nagende Bedürfnis zu vergessen, so nachvollziehbar, so von echtem Leid getränkt oder von bloßem Weltschmerz betäubt es sein mag, sei zugestanden, dennoch bleibt fraglich, was in dessen historischer Folge noch so über uns kam, uns unterwanderte und überflügelte. Was war gewesen, was ist geworden, nachdem sich die ungeheurlichsten Abgründe der tiefsten Höllen, schlimmer als sie fiktiv bis faktisch von Nietzsche bis Heym vorgestellt, ja vorgezeichnet worden waren, zweifach aufgetan und wieder versiegelt hatten? Welche kuriosen Ismen brachen sich wirklich Bahn, welche Götter machte sich die Menschen, die Völker der Erde Untertan, was beeinflusst, bestimmt, beherrscht das zeitgenössische Denken? Ist es einfach, zweifach oder vielfach? Gründen sich Entwicklung und Dynamik in einem dialektisch-strukturalen Schicksal oder folgen sie einer bewussten, gar kontrollierten Entscheidung? Wenn gelenkt, wie wird die Wahl getroffen, in bürgerlicher Freiheit und getragen von politscher Verantwortung oder regiert der Eigensinn und niedere Zwecke? Wie divers sind die regionalen, nationalen und womöglich globlen Spielarten der neuen Weltordnung(en)?

Fragen über Fragen sprudeln munter hervor aus dem geborstenen, mentalen Mauerwerk und unterspülen fröhlich die Fundamente des Selbstverständlichen, plätschern durch die Straßen der Städte und in dringen in die Keller der Menschen.

Für die angemessene, also sachliche und umfassende, Bentwortung der angedeuteten Fragekomplexe sollte mutmaßlich ein Großteil des Arsenals der Wissenschaften in Stellung gebracht werden, müsste sicherlich eine stattliche Phalanx an diversen Disziplinen mobilisiert werden. Oder aber ich eifere den verehrten lyrisch-literarischen Vorläufern nach, verzichte also auf solcherlei hehren Anspruch, entsage einfach und entledige mich solcherart bequem allen Ballasts von Ordnung und Methode, Wissen und Wahrheit. Dieser Entschluss klingt einladend, ja verlockend, transformiert gleichsam die Kraft der intellektuellen Wissbegierde in ästhetische Gewalt, verdichtet und verschiebt die Energie, entspannt den Geist und befreit das Bewusstsein.

Auf, auf also – mitten hinein in ein kreuz- und querreimendes Quartett, getragen von lyrischem Leichtsinn heran an schweres Material: Die Vermessung von Gestern und Heute.

Mit einer Verbeugung vor den Dichtern aller Zeiten und ihren Musen, Euer Satorius


Mars in globaler Totale, schlachtet der Generationen in irdenem Feld.

Prinzen gemeuchelt, geschleudert der Blitz nach Ost wie nach West,

Erschüttert der Welten Kreis, geopfert – zerrüttet, selbst der größte Held.

Papier und Licht, von weiß bis grell, besiegeln blutig den trostlosen Rest.

Brüder, frei und gleich, mit Rosen herzlich vereint, gebunden montan,

Mitsam einigen Rechten, ebenso frei, neu erzogen in goldenen Jahr’n.

Der kalten Götter zwei, Zwillingszwist, drei oder fünf, stehen zur Wahl,   

Dialektisch verschränkt – Prometheus und Mammon Gaia zur Qual.

Vereint der Welt Völker von der Blumen Reigen und der Bürger Marsch.

Hinaus ins Blau, in die Schwärze hinein, Grau-Weiss statt Grün-Braun,

Trikont übt Terror, Eins/Null besiegt den Dezimal, nieder metallener Zaun.

Auf zur Arbeit, hin zum Projekt, Fülle dank Mangel der Pole unartig harsch.

Terror die Zweite, plural Wissen und Welt, untreu gebrochen die Sprachen,

Derweil politischer Götter Zorn die Herzen der Hetzer von Neuem beseelt.

In zyklischer Krisis deprimiert, wachsen wir stetig, kehrt wieder die alte Angst,

bar jeder Utopie, des Eigentums voll, hektisch gefläzt in Karriere und Couch.


Oder, um es in den ebenso kurzen wie inspirierenden Worten einer geschätzeten Praktikantin aus den Reihen der Metatext-Redaktion auszudrücken:

Pummelige Puppen pupsen punktuell pures Pudding-Pulver.

Bhagavad Gita feat. 2016 – Mit vorsätzlichem Edelmut hinein in unausweichliche Exzesse

2. Gesang – Über die Erkenntnis

[…]

Wer jede sinnliche Begier,

O Sohn der Pritha, von sich weist,

In sich und durch sich selbst beglückt,

Den, Tapferer, nennt man fest im Geist.

Wen nie ein Leid erschüttern kann,

Kein Freudentaumel überwand,

Wer frei von Gier, von Furcht und Zorn

Ein „Schweigender“ wird er genannt.

Wer nicht frohlockt, nicht mürrisch wird,

Ob Glück, ob Unglück ihn befällt.

In allem frei von Leidenschaft,

Der heißt, o Freund, ein Geistesheld.

Die Schildkröte, berührt man sie,

Zieht alle ihre Glieder ein,

So halte von der Sinnenwelt,

Wer standhaft ist, die Sinne rein!

[…]

 

5. Gesang – Über die Entsagung

[…]

Entsagung zwar und Tätigkeit,

Sie führen beide wohl zum Heil.

Doch wird vor dem Entsagenden

Dem Tätigen der Preis zuteil,

Wer nicht begehrt und wer nicht hasst,

Übt wahrhaft die Enthaltsamkeit,

Entrückt jedwedem Gegensatz

Er von der Bindung sich befreit.

„Vernunft“ (Sankhya), und „Andacht“ (Yoga),

sondern sich.

Kein Weiser spricht so, nur ein Kind,

Wenn eins von beidem man erlangt,

Man aller beiden Frucht gewinnt.

Gleich stehen, wer „Andacht“ sich

Und wer sich der „Vernunft“ befleißt,

Wer nur ein Ziel in beiden sieht,

O Freund, der sieht mit hellem Geist.

[…]

Dem äußern Sinneseindruck fern,

Mit starrem, unverwandtem Blick,

Den Atem durch der Nase Spalt

Bald vorwärtsstoßend, bald zurück,

Wer Sinne, „Herz“, „Vernunft“ beherrscht,

Von Gier, Furcht, Zorn sich hat befreit

Und einzig die Erlösung sucht,

Der ist erlöst für alle Zeit.

[…]

 

6. Gesang – Über die Meditation

[…]

So sitzt er in Ergebenheit.

Wer so im Geist die Andacht übt

Beherrschten Denkens, frei von Gier,

Der geht zum Frieden, zum Verwehn,

Das wurzelt ganz und gar in mir.

Nicht ist ein Yogi, wer zu viel,

Noch auch wer nichts isst, Ardschuna,

Noch wer zu viel des Schlafes pflegt,

Noch wer stets wacht, o Pandava.

Wer maßvoll speist und sich erholt,

Wer maßvoll handelt jederzeit,

Wer maßvoll schläft und maßvoll wacht,

Bei dem tilgt Yoga jedes Leid.

Wer einen wohlbezähmten Sinn

Im Innern tief befestigt hat,

Von keinerlei Begier befleckt,

Der hat Andacht sich genaht.

„Das Licht am stillen Platz,

Das nicht des Windes Hauch bewegt“,

Ein Gleichnis für den Yogi ist’s,

der steten Sinns der Andacht pflegt.

[…]

 

18. Gesang – Über die Befreiung

[…]

Denn der Verzicht ist dreierlei.

Auf Schenken leiste nicht Verzicht,

Auf Buße noch auf Opferung,

Denn Schenken, Buße und Opfer sind

Der Einsichtsvollen Läuterung.

Doch ohne Hang stets übe sie

Und ohne Rücksicht auf die Furcht,

Das ist der ganz entschied’ne Rat,

O Printhasohn, den du gesucht.

Entsagung vorgeschrieb’nen Werks

In keinem Fall sich gebührt;

Wer aus Verblendung dieses tut,

Der wird durch „Dunkelheit“ verführt.

Wer unbequemes Werk nicht tut,

Weil es dem Leib Beschwerde schafft,

Gewinnt nicht des Verzichtes Frucht,

Denn ihn beherrscht die „Leidenschaft“.

Wer vorgeschrieb’nes Werk vollzieht

Ganz ohne Hang und nur aus Pflicht,

Der übt, weil er nicht Lohn erstrebt,

Den „wesenhaften“ Werk-Verzicht.

Der weise „wesenhafte“ Mensch

Auch unerwünschtes Werk nicht scheut

Und frei von Zweifel, frei von Hang,

Am Angenehmen sich nicht freut.

Kein Sterblicher vermag jemals

Das Handeln aufzugeben ganz,

Doch wer aufgibt den Wunsch nach Lohn,

Der strahlt in des Verzichtes Glanz.

[…]

 

Diverse Brahmanen, Krishna und Co., Robert Boxberger (Übers.) und Helmuth von Glasenapp (Hrsg.) (um das 0, +- 300 Jahre), Bhagavad Gita (Das Lied der Gottheit), in: Mahabharata


Das nenne ich mal große Vorsätze für das neue Jahr, die auf spirituellem Sprachniveau, mit prominetem, historisch tiefem Colorit wunderschön gebunden daherkommen. Vom Ursprung zweier Weltreligionen her rühren die Worte von Krishnas Avatar, der Aruna in höchster Not beisteht und ihn weise bis dogmenbildend belehrt und unterweist.

An dieser Poetik und rhetorischen Gewandheit sollte sich der durschnittliche Bibelautor ein Vorbild nehmen und bei den indischen Urmeistern der Weisheitslehre und Sprachbildung Unterweisung suchen. Ex oriente lux mal wieder und wie immer, aber das ist nur meine bescheiden kommentierende Spöttermeinung: Zurückhaltung und Verzicht, Konzentration und Achtsamkeit, dennoch Fortschritt und Wachstum, diese Formel führt in den westlich-östlichen Divan hinter Postmoderne, Neorealismus und Populismus. Von schamanistischem Ethos in seiner ethnograpischen Breite und historischen Tiefe möchte ich garnicht erst anfangen zu fabulieren.

Was bleibt noch übrig von der technisch-wissenschaftlich-industriellen Modernität westlicher Provenienz nach einer tugendhaften Bereinigung alá Yoga? Wieviel digital naitiv darf der urbane Informationskrieger sein, will er noch yoga genug sein für Krischnas hehre Ideale?

Ein wenig mehr Bewusstsein für Grenzen und Folgen der eigenen Gewohnheiten sind sicher nie schädlich. Wenn dann noch ein Quantum lebenslangen Lernens stattfindet, das nicht einzig durch entfremdete Motive angetrieben wird, begründet sich eine moderne Form von minimalem Moralismus. Er würde sich anschließend an einen Moment der Bekenntnis, motiviert durch die Lust am und auf den nächsten Trippelschritt entlang des acht- oder – zeitgemäß und plural besser formuliert – n-fachen Weges mit diversem Ziel: Selbstvervollkommung, Perfektion, Erwachen, Alchemie des Selbst und dergleichen mehr oder in den nihilistisch anmutenden Worten der Erleuchteten aus dem ferneren Osten im Verwehn, durch Verlöschen – Nirvana lockt.

Bis dahin bleibt noch viel Zeit, für Genüsse, Lüste, Freuden und Begehren, all die schönen, angeblich so leidvollen Anhaftungen und Bindungen des Lebens. Zwischen den besinnlichen Tagen, auf deren Ende wir allesamt nun zusteuern, findet es statt das wirkliche Leben, der Alltag, der sie herausfordert, die ach so schönen und allzu guten Vorsätze, wie groß oder klein, nötig oder nutzlos, ernsthaft oder vorgespielt sie auch sein mögen.

Welchen Pfad ihr Euch für das kommende Jahr auch immer vorgezeichnet haben mögt, ich wünsche Euch, dass ihr ihn nicht gänzlich aus den Augen verliert, wenn ihr die genauso wünschenwerten, weil existenziell erfrischenden Ausflüge fern des Weges unternehmt.

Möge es edel und exzessiv gleichermaßen werden, auf ein existenziell erquickendes 2016, Euer Satorius