Gespensterstunde der Worte

Willkommen in der Welt der Worte; nicht belangloser, harmloser Worte, sondern Wirklichkeit bestimmender und Macht ausübender Worte: Terrorismus. Dieses Gespenst des 21. Jahrhunderts geht um und macht fürchten. Überall ist es medial bis brachial präsent, jede Partei, sei sie Teil der Politik, des Krieges oder des Glaubens, bedient sich seiner im Gefecht der Worte. Kaum ein Wort verschreckt so viele gutmütige Geister und friedfertige Naturen wie der Terror in all seinen blutigen Gewändern und fratzenhaften Masken.

Die globale Dimension lässt Gespensterkollegen der nahen und fernen Vergangenheit erschaudern. Kommunismus, Christentum, Demokratie, Wissenschaft und Konsorten äugen neidisch auf ihren modernen Konkurrenten in punkto Systemerschütterung. Dass in diesem Fall das ethische Vorzeichen, aktuell wie historisch, ein dickes Minus ist, spielt für meinen amoralischen Vergleich keine Rolle, nur der mathematische Betrag zählt und da hat der Terrorismus klar die Nase vorn. Hoffen wir, mathematisch-metaphorisch das Grauen der Gewalt umschiffend, dass er in dieser Quantität und seiner unmenschlichen Qualität kein so dauerhaftes Signum unser Zukunft sein wird, wie das die Rekordhalter Wissenschaft, dicht gefolgt von den Weltreligionen bis heute geworden sind.

Die Vorzeichensituation dieser Kandidaten differenziert zu analysieren, würde mich überkomplex überfordern, wäre aber hochinterssant. Insbesondere die schonungslos neutrale Abrechnung zwischen Christentum und Islam quer durch die Weltgeschichte würde mich brennend interessieren. Wer von den beiden und den vielen anderen Religionen war wohl das Gefüge von Worten, in dessen Auftrag der meiste Terror verübt und die meisten Straftaten gegen die atheologische Sittlichkeit begagen wurden

Einen juristischen Vorgeschmack auf die bekanntermaßen weite Definitionsbreite dessen, was dieser Tage so alles als Terrorismus gilt und all dem semantischen Übel, das bereits von diesem Wortstamm abgeleitet worden ist und noch werden wird, liefert das Strafgesetzbuch der guten alten BRD. In Rechtsbenchmarks steht dieses „-land“ bei weitem besser dar, als Quanzland dies typischerweise von sich behaupten kann. Mit diesem Begriffsapparat bewaffnet, könnte man auch die Taten des einen oder anderen Staates wenigstens als semiterroristische Akte bezeichen, vom rechtlichen Geltungsraum und der hochheiligen Begriffs- und Paradigmengrenzen nationale Rechts im Angesicht von Souveränität mal frech und kritisch-moralisch abgesehen.

Hier in Quanzland, wo ich wie die meisten meiner Mitbürger nur Text-Terrorismus gewohnt bin, von dieser harmloseren Variante ver- und entwöhnt wurde, schlägt die Wirklichkeit vor echtem, physischem Terror fruchtbar bis furchtbar ein. Ich persönlich bin da noch typsich naiv-optimistisch, aber sogar ich höre bisweilen ganz leise Stimmen am Rande meines Bewusstseins wispern. Diese warnen mich, sähen Zweifel und wollen mir Angst einjagen. Alles nur zu meinem Besten, zu meinem Schutz. Dennoch widerstehe ich ihnen leidlich, lasse mich nicht verunsichern – aber wie lange noch?

Wie hingegen geht es Euch da draußen, die ihr gerade hier drinnen weilt, wie lautet eure Antwort auf eine perverse neue Gretchenfrage: Habt ihr Angst vorm Terrorismus?

Ein erklärter Freund des gediegenen Textterrors und zugleich unerbittlicher Feind des militanten Terrorismus, Euer Satorius


§ 129a
Bildung terroristischer Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b zu begehen,

oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

 

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1. einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2. Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3. Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4. Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5. Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes zu begehen,

oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

 

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

 

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

 

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

 

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

 

(7) § 129 Abs. 6 gilt entsprechend.

 

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

 

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 4 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

Juristische Intelligenz der BRD, Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist

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