C.C., O.’s fiktiver Kontrapunkt

Weitgehend unkommentiert und für sich selbst redend, als kleiner Kontrapunkt zum glänzenden Strahlemann Obama hier ein wenn auch fiktiver, so doch mächtig um Glanzrückgewinnung bemühter, düster-demütiger Charlie Chaplin in einer seiner größten Rollen als der großer Diktator Hynkel:



I’m sorry, but I don’t want to be an Emperor — that’s not my business. I don’t want to rule or conquer anyone. I should like to help everyone, if possible — Jew, gentile, black man, white. We all want to help one another; human beings are like that. We want to live by each other’s happiness, not by each other’s misery. We don’t want to hate and despise one another. In this world there’s room for everyone and the good earth is rich and can provide for everyone.

The way of life can be free and beautiful.

But we have lost the way.

Greed has poisoned men’s souls, has barricaded the world with hate, has goose-stepped us into misery and bloodshed. We have developed speed but we have shut ourselves in. Machinery that gives abundance has left us in want. Our knowledge has made us cynical, our cleverness hard and unkind. We think too much and feel too little. More than machinery, we need humanity. More than cleverness, we need kindness and gentleness. Without these qualities, life will be violent and all will be lost.

The aeroplane and the radio have brought us closer together. The very nature of these inventions cries out for the goodness in men, cries out for universal brotherhood for the unity of us all. Even now my voice is reaching millions throughout the world, millions of despairing men, women, and little children, victims of a system that makes men torture and imprison innocent people.

To those who can hear me I say, »Do not despair.« The misery that is now upon us is but the passing of greed, the bitterness of men who fear the way of human progress. The hate of men will pass and dictators die; and the power they took from the people will return to the people and so long as men die, liberty will never perish.

Soldiers: Don’t give yourselves to brutes, men who despise you, enslave you, who regiment your lives, tell you what to do, what to think and what to feel; who drill you, diet you, treat you like cattle, use you as cannon fodder. Don’t give yourselves to these unnatural men, machine men, with machine minds and machine hearts! You are not machines! You are not cattle! You are men! You have the love of humanity in your hearts. You don’t hate; only the unloved hate, the unloved and the unnatural.

Soldiers: Don’t fight for slavery! Fight for liberty! In the seventeenth chapter of Saint Luke it is written, »the kingdom of God is within man« — not one man, nor a group of men, but in all men, in you, you the people have the power, the power to create machines, the power to create happiness. You the people have the power to make this life free and beautiful, to make this life a wonderful adventure.

Then, in the name of democracy, let us use that power! Let us all unite!! Let us fight for a new world, a decent world that will give men a chance to work, that will give you the future and old age a security. By the promise of these things, brutes have risen to power, but they lie! They do not fulfill their promise; they never will. Dictators free themselves, but they enslave the people!! Now, let us fight to fulfill that promise!! Let us fight to free the world, to do away with national barriers, to do away with greed, with hate and intolerance. Let us fight for a world of reason, a world where science and progress will lead to all men’s happiness.

Soldiers: In the name of democracy, let us all unite!!!


»Es tut mir Leid, aber ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, denn das liegt mir nicht. Ich möchte weder herrschen noch irgend wen erobern, sondern jedem Menschen helfen wo immer ich kann; den Juden, den Heiden, den Farbigen, den Weißen. Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, wir Menschen sind dazu da.

Wir sollten am Glück des Anderen teilhaben und nicht einander verabscheuen. Wir wollen uns nicht hassen oder verachten. Auf dieser Welt ist Platz genug für jeden, und Mutter Erde ist reich genug um jeden von uns satt zu machen.

Das Leben kann ja so erfreulich und wunderbar sein, wir müssen es nur wieder zu leben lernen!

Die Habgier hat das Gute im Menschen verschüttet, und Missgunst hat die Seelen vergiftet und uns im Paradeschritt zu Verderben und Blutschuld geführt.

Wir haben die Geschwindigkeit entwickelt, aber innerlich sind wir stehen geblieben. Maschinen produzieren im Überfluss, und trotzdem wollen wir mehr. Die Klugheit hat uns hochmütig werden lassen und unser Wissen kalt und hart. Wir denken zu viel und fühlen zu wenig. Aber zuerst kommt die Menschlichkeit und dann erst die Maschinen. Vor Klugheit und Wissen kommt Toleranz und und Güte. Ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe werden wir unser Leben in Gewalt verbringen und es dabei verlieren.

Aeroplane und Radio haben uns einander näher gebracht. Diese Erfindungen haben eine Brücke geschlagen von Mensch zu Mensch, die erfassen eine allumfassende Brüderlichkeit, damit wir alle Eins werden. Millionen Menschen auf der Welt können im Augenblick meine Stimme hören. Millionen verzweifelter Menschen , Opfer eines Systems, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Unschuldige zu quälen und in Ketten zu legen. Allen denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu „Ihr dürft nicht verzagen!“.

Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich. Die Männer die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein! Ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen, und auch ihr Haß. Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden. Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß.

Soldaten, vertraut Euch nicht Barbaren an, Unmenschen, die Euch verachten und denen Euer Leben nichts wert ist; Ihr seid für sie nur Sklaven, Ihr habt das zu tun, das zu glauben und das zu fühlen. Ihr werdet gedrillt, gefüttert, wie Vieh behandelt und seid nichts weiter als Kanonenfutter.

Ihr seid viel zu schade für diese verwirrten Subjekte, diese Maschinenmenschen mit Maschinenköpfen und Maschinenherzen. Ihr seid keine Maschinen, Ihr seid keine Tiere, Ihr seid Menschen! Bewahrt Euch die Menschlichkeit in Euren Herzen und hasst nicht! Nur wer nicht geliebt wird, hasst! Nur wer nicht geliebt wird. Soldaten, kämpft nicht für die Sklaverei, kämpft für die Freiheit!

Im 17. Kapitel des Evangelisten Lukas steht: „Gott wohnt in jedem Menschen“. Also nicht in einem oder einer Gruppe von Menschen. Vergesst nie, Gott lebt in Euch allen.

Ihr als Volk habt allein die Macht, die Macht Kanonen zu fabrizieren, aber auch die Macht Glück zu spenden. Ihr als Volk habt es in der Hand, dieses Leben einmalig kostbar zu machen, ein Abenteuer daraus zu machen. Im Namen der Demokratie: lasst uns diese Macht nutzen, lasst uns zusammenstehen! Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt, die Jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt.

Versprochen haben die Unterdrücker das auch, deshalb konnten sie die Macht ergreifen. Das war Lüge, wie überhaupt alles, was sie Euch versprachen, diese Verbrecher! Diktatoren wollen die Freiheit nur für sich, das Volk soll versklavt bleiben. Lasst uns diese Ketten sprengen, lasst uns kämpfen für eine bessere Welt, lasst uns kämpfen für die Freiheit in der Welt, das ist ein Ziel für das es sich zu kämpfen lohnt! Nieder mit der Unterdrückung, dem Hass und der Intoleranz. Lasst uns kämpfen für eine Welt der Sauberkeit, in der die Vernunft siegt, in der Fortschritt und Wissenschaft uns allen zum Segen gereichen.

Soldaten! Im Namen der Demokratie, lasst uns vereint sein!

Charles Spencer Chaplin aka Charlie Chaplin (1889 – 1977), The Great Dictator (1940; Abschlussmonolog; Übersetzung von Anonymous geklaut)

Video feat. TFF: Goodbye Mr. President!

Eine Amtzeit endet in einem spektakulären U-Turn, spekulativ zumindest und jedenfalls was die Persönlichkeit der Amtinhaber betrifft könnten zwei Politiker kaum unterschiedlicher sein als Barack Hussein Obama und Donald John Trump. Die Namen und Kontexte der beiden Präsidenten, ersterer scheidenend und der zweite unvermeidlich kommend, unterstreichen den konstatierten Kontrast zusätzlich und eindrucksvoll. Da hier und derzeit eine weitere Polarisierung wenig Not tut, spare ich mir die Abrechnung mit dem einen, aufgrund seines inhumanen Stils und unverschämten Wahlkampfs, und ergehe ich mich einzig in leichtfüßigem Lob des anderen, wegen einer grandiosen Rede, die zu hören ich Euch allen sehr empfehle.

Euch erwartet ein wilkommenes Trotspflaster, warme Worte für alle demokratischen Freidenker, die hier wie anderswo gerade sehr unter einer hoffentlich nur leichten Welle historischer Konjunktur zu leiden haben. Erbaut Euch, um- und unterspült von Nationalismus, Populismus, Rassismus und schlichter Dummheit, wie es halt manchmal ist, an den Gedanken des nominell globalen Chefdemokratens. In einem fast einstündigen Rundumschalg zu den einschlägigen Themen eines mächtigen Politikers steht dabei vor allem ein Begriff im Zentrum, dem Ort der Rede: Athen, dem Beginn von Obamas Abschiedstour durch Europa, hochangemessen: Demokratie. Geschichte, Gegenwart und Gefahren sind Leitmotive seiner Auseinadersetzung mit der eigenen Amtszeit und der erhofften Zukunft. An Pathos spart der gute Mann in dieser nicht eben unhistorischen Rede ebensowenig wie an rhetorischer Brillanz und intellektueller Offenheit.

Und ja, sicherlich und selbstverständlich, zweifelsohne ist zweifelhaft wie weit sich die schöne Rede des ehemals sog. mächstigsten Mannes der Welt mit seinen aufrichtigen Überzeugungen einerseits und seinen Handlungen als Polititer andererseits vereinen lässt. Da bleibt wohhl die eine oder andere Dissonanz bestehen, aber wie könnte das auch anders sein: Denn Macht macht eben ohnmächtig; Subjekte, Strukturen, Objekte, der ganze reale Ballast lastet auf jeder Entscheidung; Versuchungen und Gelegenheiten zur Korruption lauern vermutlich in einer Hülle und Fülle auf den Lebenswegen und -umwegen, das jede Soap dagegen verblassen dürfte.

Ein wenig pro, ein wenig contra, genug geredet allenfalls, nun will ich vor allem nur noch einen reden lassen, den wohl besten Präsident, den ich in meiner Lebenszeit an der Spitze der USA erlebt habe, und der in seiner Ansprache nicht nur an die Griechen, nicht nur an die Europäer, sondern an alle Demokraten und an Freiheit interessierten Menschen dieser Tage appelliert ihr eigenes Amt ernstzunehmen, das des Bürgers. Selbstbewusster und kritischer Bürger zu sein, gibt er vor allem den jungen Menschen der nächsten Generation mit auf ihren Weg. Zu hoffen und zu handeln, sich Fortschritt und Demokratie zu verdienen, indem man sich selbst im Verbund mit anderen regiert und dabei auch den politischen Gegner, den Fremden, den Flüchtling integriert, mahnt er an, ebenso wie insgesamt zu kämpfen für den Erhalt eines „great, imperfect, but necessary system“.

In tiefer Verneigung vor einem bekennenden Demokraten und in banger Erwartung eines populistisch-polternden Pseudo-Republikaners, Euer Satorius


 

Enclosing, our globalized world is passing through a time of profund change. Yes, there is uncertainty and there’s unease. And none of us can know the future. History does not move in a straight line. Civil rights in America did not move in a straight line. Democracy in greek did not move in a straigth line. The evolution of a unified europe certainly has not moved in a straight line, and progress is never a guarantee. Progress has to be earned by every generation. But i belive history gives us hope: 25 centuries after athens first pointed the way, 250 years after the beginning of the great american journey, my faith and my confidence, my certainty in our democratic ideals and universal values remain undiminished. I belive more strongly then ever that doctor king was right when he said that the arc of the moral universe is long, but it bends towards justice. It bends towards justice not because it is inevitable, but because we bend it towards justice; not because there are not gonna be barriers to archieving justice, but because there will be people – generation after generation – who have the vision and the courage and the will to bend the arc of our lives in the direction of a better future.

 

In the United States and in every place I visted these last eight years I have met citizens – especially young people – who have choosen love over fear, who belive that they can shape their own destiny, who refused to accept the world as it is and are determined to remake it as it should be. They have inpired me. In every corner of the world I’ve met people who in their daily lives demonstrate that despite differences of race or religion or creed or color we have the capacity to see each other in ourselves. Like the woman here in greece who said of the refugees arriving on these shores: »We live under the same sun. We fall in love under the same moon. We are all human. We have to help these people.« Women like that give me hope.

 

[…]

 

Because in the end it is up to us. It’s not somebody else’s job, it is not somebody else’s responsibility, but it’s the citizens of our countries and the citizens of the world to bend that arc of history towards justice. And that is what democracy allows us to do. That is why the most important office in any country is not president or prime minister – the most important titel is: citizen. And in all of our nations it will always be our citizens who decide the kind of countries we will be, the ideals that we will reach for, the values that will define us.

 

In this great, imperfect, but necessary system of self-government power and progress will always come from the »demos«, from we the people. And im confident that as long as we are true to that system of self-government that our futures will be bright!

 

Barack Hussein Obama (1961 – ), Rede gehalten am 16.11.16 im Stavros Niarchos Foundation Cultural Center in Athen, 44:41 – 47:36 & 48:20 – 49:38 (Min:Sek; transkribiert durch Satroius)

#MO1 @ Gottfrieds Gruft

Mystische Orte, dokumentiert und zelebiert durch mysteriöse Datenspuren, künden der Welt von einem modernen Mythos.

Eine chinesische Megaunke mit Eigename Proton (ca. 2,30m Länge bei rund 170kg Gewicht) bewacht eine ganz besondere Süßwasserkaverne Quanzlands, die sich den vielsagenden Namen Gottfrieds Grurft verdient hat. Denn hinter dem im direkten Vergleich relativ kleinen Eingang befindet sich das größte Höhlensystem des Landes. Nach gesicherten Vermessungen erstreckt es sich mit über 17 Kilometern Länge und 5 Kilometern Höhendifferenz vom Stollenberg in Lauterfeld aus in Richtung Nieder-Schlitz. Davon verlaufen 7 Kilometer oberhalb, weitere 10 Kilometer hingegen unterhalb des Wasserspiegels. Was weiter drinnen, also darunter in der Tiefe, jenseits der tiefschwarzen Schlünde der extrem steil nach unten verlaufenden Enden des erkundeten Bereichs des gigantischen Höhlekomplexes noch alles verborgen liegt, wird bis auf weiteres dort im tiefen Schatten, unter dunklem Wasser begraben bleiben. Neben mangelndem Interesse und nicht vorhandener Wertschätzung für aufwendendige, teure Naturforschung, verhindert vor allem eine gruselige Geschichte voller Unfälle, Misserfolge und tödlich verlaufender Expeditionen weitere Erkundungen. Die Bezeichnung als Gruft kommt also nicht von ungefähr. Nicht zuletzt sorgen auch solche unter Naturschutz stehende Monstrositäten, wie oben zu sehen, eindrucksvoll für bürokratische und schlimmer noch vor allem lebensbedrohliche Schwierigkeiten. Möge Gottfried, wer auch immer er gewesen sein mag, in Frieden ruhen und möge Quanzland demütig und stolz sein, im Angesicht eines seiner mystischen Orte.


P.S. der Metatext-Redaktion: Dieses Bild, seine stilistisch bedenkliche und kryptische Unterschrift und der pseudoinformative Beschreibungstext tauchten heute Mittag unvermittelt im Blog auf, ohne das jemand wüsste, woher sie gekommen, noch wer sie verfasst, schon gar nicht warum überhaupt gemacht. Was ist hier bloß los, fragen wir uns, während Satorius dieses überraschende bis dubiose, contentgenerierende Phänomen einfach gelassen hin- und humorvoll annimmt. Er instruierte uns lappidar, den sonderbaren Inhalt zu posten. Damit vereinnahmen wir ihn ganz frech als „MO1“ für unsere Zwecke und publizieren die Daten bis auf dieses P.S. und die vereinnahmende Überschrift unverändert.

Medial-methodische Premiere: skurriles Hörspieltranskript aus den 70ern

Der letzte Detektiv - Schlachthaus von Michael Koser

Michael Koser (1938 – ), Schlachthaus. Der letzte Detektiv – Folge 4

Der letzte Detektiv - Testmarkt von Michael Koser

Michael Koser (1938 – ), Testmarkt. Der letzte Detektiv – Folge 1


Eine düster-sarkastische Zukunftsvision im Genregewand des Science-Fiction-Krimis, wie geschaffen für das Medium Hörspiel und absolut meinen Geschmack. Dieser wunderbare Fund eines sarkatisch-sprachgewandten, unheimlich klug und enorm kenntnisreich gewobenen Werks aus einem anderen Winkel von Zeit und Raum: Deutschland, 1984. Heraus aus den wilden Siebzigern, vorbei mit der Euphorie, wird ein dystopisch.kritischer Blick ins Jahr 2009 geworfen.

 

Vergleicht selbst, anschaulich und konkret, wie wenige von diesen humorigen Projektionen – Polemik und Genre wegen, vielleicht auch sei Dank – Realität geworden sind. Der Beitrag zum und Einfluss auf den geschichtlichen Verlauf der Dinge, den Kunst zu leisten vermag, mag klein sein, aber er existiert ganz gewiss. Ich hegen nämlich tief im Herzen voller Überzeugung die Hoffnung, dass Literatur zeit- und ortlos eine zvilisierende Kraft, ja zvilisatorische Macht innewohnt, in zurückgezogenm, in-sich-gekehrtem Fremddenken, sei es passiver als Leser oder aktiver als fiktionaler Autor, ein bessere Welt zu stimulieren oder wenigstens die Vermeidung einer schlechteren zu unterstützen. Wenigstens soviel traue ich der fein- wie schöngeistigen Seite des Schreibens, genauer ihrer potentiellen Wirkung auf die rezeptiv geöffneten Gemüter der neugierigen Lesserschaft zu.

 

Wer weiß schon, wie sich die realexistierende Konkurrenz der Kunst weiterhin so macht. Wenn Politik, Bildung, Erziehung, (epi-)genetische und geopolitische Geburtslotterie sowie soziales bis mediales Umfeld einen nicht zu unterschätzend großen Anteil dessen prägen, was wir narzisstisch verblendet UNSER Ich-Bewusstsein nennen, dann darf sich unser werter Herr Geist aber auch mal ein bisschen von sozial-politisch interessierter und vor allem relevanter Literatur wenn nicht weitreichend prägen, so doch ein wenig berieslen, beregnen lassen. Insbesondere ist die Kulturleistung des Lesens als Methode der Bewusstseinsformung deshalb so wertvoll, weil man sie, einmal gelernt und stetig gepfelgt, eigenständig und frei wählend für seine ureignen Lebenszwecke nutzen kann. Ihm haftet somit kaum ein Hauch von Schicksal mehr, nichts Zufälliges mehr an – Lesen und Hören, bisweilen sogar Sehen, können so betrachtet als reine Mittel der autonomen Bildung gelten, wenn denn Wille und (Lese-)Kompetenz das wünschen und erlauben.

 

Also Bitte, wortreiche Wassermassen voll geistreichen Witzes marsch, Euer Satorius


[Vereinigte Staaten von Europa, eine Gesellschaft unter den Bedingungen von kulturpessimitisch überzeichnetem, anarcho-apokalyptischem Hypermaterialismus. Ein edles Restaurant irgondwo in Babylon. Jonas – „nur Jonas. der letzte Detektiv und Sam“ – trifft sich erstmals mit einem anonymen Auftraggeber]

 

Jonas (Ich-Erzähler): Er war so schön, wie ein gelöstes Kreuzworträtsel. Sehr schön, merken – fürs Poesiealbum des Detektivs.

Jonas (Figurenrede): „Sagen sie einfach ‚Schwarzmarkt‘, schwarzer Organmarkt.

Klient („Er“): „Genau, das meine ich! Aber weil ich mich in solchen Sachen überhaupt nicht auskenne …“

Jonas (Figurenrede): „… soll ich Ihnen ein Organ organisieren?“.

Klient („Er“): „Ahä – köstlich. Sie haben den Nagel mitten ins Gesicht getroffen … ähe … Scherz beiseite. Sie Jonas besorgen mir eine Bauchspeicheldrüse. Wie immer, wo immer – keine Fragen, keine Probleme. Sie liefern; ich zahle – jeden vernünftigen Preis, und ihr Honorar natürlich.“

Jonas (Figurenrede): „80 Euros por Tag und Spesen.“

Klient („Er“): „Nicht gerade wenig – was tun sie dafür?“

Jonas (Figurenrede): „Nicht gerade wenig – alles, was ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann.“

Klient („Er“): „Oh äh, sie haben ein Gewissen? Wie entzückend altmodisch … und äh: Können Sie?“

Jonas (Figurenrede): „Kann ich was?“

Klient („Er“): „Meinen Auftrag mit ihrem Gewissen vereinbaren?“

 

Jonas (Ich-Erzähler): Im Prinzip, ja. Nicht hunderprozentig, aber 90 Prozent waren ja auch nicht so schlecht. Wenn ich auf dem Schwarzmarkt eine Bauchspeichdrüse auftrieb, dann schadete ich ja schließlich keinem, dachte ich. Im Gegenteil: Ich rettete dem pseudonymen Herrn Pankreas das Leben; und Geld brauchte ich auch – ich brauche immer Geld. Also ja, dachte ich. Aber ich sagen nicht „Ja!“, noch nicht.

 

[…; Szenenwechsel. Jonas und Sam arbeiten im 22m²-Büro-Appartment, das für einen sozialen Nützlichkeitsstatus von rund Zwo schon recht groß dimensioniert ist]

 

Sam (Figurenrede): „Hinterlasser der Fingerabdrücke bzw. Speichelspuren heißt Julian van Brendel; Bürgernummer:77M03031961.“

Jonas (Figurenrede): „Beruf?“

Sam. (Figurenrede): „Parapsychagoge.“

Jonas (Figurenrede): „[Nutüzlichkeitsstatus]Status?“

Sam (Figurenrede): „Zwokommazwofüneff, oh Stern von Bethlehem!“

Jonas (Ich-Erzähler): Ich darf vorstellen, Computer Typreihe Doktor, Versuchsreihe Chrysossthomos, MacCoy Incorporated, Baujahr 2005, Rufname Sam Fähigkeiten – fast unbegrenzt; Fehler, nur einer: Sam leidet an verbaler Überfütterung. Er hat zuviele Sprachprogramme im Speicher und kommt damit nicht so richtig klar, ansonsten ist er ein Goldstück – wenn man siich an seine Ausdruckweise gewöhnt hat. Und das ist nicht leicht.

 

[…; Direkt weiter gehts mit dem schrägen Sam, nachdem Jonas dem nicht mehr namenlosen Klienten fast reinen Gewissens zugesagt hat]

 

Sam (Figurenrede): „Keinesfalls über die normalen Datenbänke, Euer Wohlerzogenheit, da in denselben keinerlei Informationen in Bezug auf illegale Praktiken zu finden sein dürften.“

Jonas (Figurenrede): „Weiß ich selbst Sam., dazu brauche ich keinen Computer – alos hintenrum…“

Sam (Figurenrede): „Jawohl, Chef! Von hinten durch die Brust ins Auge – haha!“

Jonas (Figurenrede): „Ebenfals: haha! Farge: wie?“

Sam (Figurenrede): „In der Tat, Prinz Eisenherz, dies ist die Frage!“

Jonas (Figurenrede): „Wie wärs denn mit den Hypo?“

Sam (Figurenrede): „Darf ich Euerer Lordschaft zu dero fast überirdischen Auffassungsgabe beglückwünschen. Die Sache hat nur einen gang, ganz kleinen Haken: Den Code für die Datenbank der Hygienepolizei kenne ich zu meinem Bedauern nicht.“

Jonas (Figurenrede): „Du nicht, Sammy, aber ich, …“

Sam (Figurenrede): „… Sie Meister? Kann ich es glauben?!“

 

Michael Koser (1938 – ), Schlachthaus. Der letzte Detektiv – Folge 4: 5:41 – 9:51 [Min:Sekunden]

Utopisches Duell: Rosa (Gegenwart) vs. Avanessian (Zukunft)

[Hartmut] Rosa: In meiner Arbeit etabliere ich den Begriff der Resonanz als einen sozialphilosophischen Grundbegriff, der als Gegenbegriff zur Entfremdung eine gelingende Form des In-der-Welt-seins beschreibt. Er beschreibt eine Form der Beziehung zwischen Subjekt und Welt. […] Es geht um den vibrierenden Draht zwischen mir und der Welt. Es geht um Berührbarkeit und Selbstwirksamkeit. Nur wer die Welt gestalten kann und sich wiederum durch sie verändern lässt, spürt diesen Draht und hat das Gefühl, ein gelingendes Leben zu führen. Tatsächlich birgt Resonanz immer ein transformatives Element: Subjekt und Welt verändern sich in der und durch die Bewegung. Ich denke, dass diese Erfahrung der »Anverwandlung«, des Veränderns und Verändertwerdens durch die Welt, genau das ist, worum es auch in den Achtsamkeitstechniken geht. Darin liegt oft ein Protest gegen den permanenten Zwang zur Optimierung und zu einem nur verdinglichenden Zugriff auf die Welt, dem es nicht darum geht, Dinge zum Sprechen zu bringen, sondern sie unter Kontrolle zu kriegen. Und ich sehe ehrlich gesagt nicht, was daran falsch sein soll.

 

[Armen] Avanessian: Weil es schlichtweg eine Illusion ist, angesichts der neuen Technologien und denen mit ihnen verbundenen Möglichkeiten, noch ganz im Jetzt sein zu können. Von dieser Illusion müssen wir uns endlich verabschieden und uns stattdessen mit dem fundamentalen Zeitwechsel beschäftigen, den wir gerade erleben. Was sich geändert hat, ist die nämlich Zeit selbst – und zwar hat sich ihre Richtung geändert. Wir bewegen uns nicht mehr aus der Vergangenheit kommend auf die Zukunft zu. Es ist eher umgekehrt: Die Zeit kommt aus der Zukunft und diese ereignet sich vor der Gegenwart. […] Das beste Beispiel ist Big Data. Denken Sie an die Amazon-Algorithmen, die uns demnächst auch gleich ungefragt Produkte zusenden werden, weil der Algorithmus etwas über uns weiß, noch bevor wir handeln. […] Kurzum: Die Gegenwart wird heute transformiert und gesteuert, noch bevor sie überhaupt stattgefunden hat. Diese neue Konstellation ist typisch für komplexe, algorithmisierte Gesellschaften, in denen – egal wie sehr uns das irritiert – menschliche Erfahrung und Gegenwart [mithin die ganze Palette an Praktiken zur Steigerung von Achtsamkeit und Gegenwärtigkeit, Anm. D.Q.] kein Primat mehr haben.

 

[Hartmut] Rosa: […] Problemarisch ist aus meiner Sicht vor allem, dass wir die Erfüllung immer im Morgen wähnen. Heute bin ich im Stress, aber morgen fange ich richtig an zu leben, weil dann mein Yogakurs anfängt, ich auf eine Safaritour gehe oder das neue Sofa geliefert wird. So hält man sich auf Trab, das ist eine kapitalistische Strategie, die sich auch und gerade darin zeigt, dass wir unser Resonanzbegehren immer stärker auf Objekte, auf Konsumartikel übertragen. Aus Resonanzbegehren wird Objektbegehren.

 

[Armen] Avanessian: […] Wir müssen diese Technologien vielmehr begreifen, um sie anders, nämlich für ein besseres Leben zu nutzen. Wir müssen uns doch klarmachen, welche Riesenchancen in diesen Innovationen liegen! Genau darum geht es in der von mir mitbegründeten Bewegung des Akzelerationismus: Wir müssen die technologische Beschleunigung in eine soziale und politische Dynamik übersetzen. In der linken politischen Theorie der letzten Jahrzehnte sehe ich viel zu wenige kenntnisreiche Auseinandersetzungen mit dem progressiven Potenzial der gegenwärtigen Technologien und Wissenschaften. […] Anstatt aufs Jetzt und das Glück im Augenblick zu starren, sollten wir eine andere, eine bessere Zukunft imaginieren. Wie kann diese Zukunft aussehen, und inwiefern kann die Technik uns helfen, sie zu verwirklichen? Denken sie an die Aufklärer im 18. Jahrhundert, Karl Marx im 19. Jahrhundert, die revolutionären Avantgardisten im 20. Jahrhundert: Sie alle glaubten noch an das prometheische Versprechen, dass wir mit den Mitteln der Technik eine andere, bessere Zukunft gestalten können. Und was machen die Linken heute? Sie verschließen allzu oft die Augen.

 

[Hartmut] Rosa: […] Und ich gehe noch einen Schritt weiter und sage, dass wir uns vom Kapitalismus und dessen Steigerungslogik verabschieden müssen, um anders in der Welt zu sein. Das Prometheische, das sie loben, ist Teil des Problems. Es fundiert das Programm des wissenschaftlichen, technischen, politischen und ökonomischen Verfügbarmachens von Welt, das leider die problematische Nebenfolge zeigt, die Welt stumm werden zu lassen. […] Wir sollten das prometheische Weltverhältnis des Beherrschens und Verfügens durch ein orphisches des Hörens und Antwortens ersetzen.

 

[Armen] Avanessian: Ich sage nicht, dass wir alles machen müssen, was technisch möglich ist. Aber ich bin trotzdem sehr dafür, das Mögliche zu denken. Der Akzelerationsmus ist eine politische Theorie, hinter der die philosophische Strömung des Spekulativen Realismus steht. Innerhalb dieser Strömung geht es zum einen darum, die Realität philosophisch wieder anzuerkennen, also sich abzuwenden vom konstruktivistischen und relativistschen Hype der letzten Jahrzehnte. Gleichzeitig müssen wir der Spekulation Raum geben. Wer es rundweg ableht zu spekulieren, der liefert sich dem Gegebenen aus. Der Spekulative Realismus entdeckt neue Möglichkeiten, indem er eine neue Zeit entdeckt. Und genau hier liegt auch der Kern des Akzelerationsmus. Wir kennen die aus der Zukunft kommende Zeit nur in ihrer neoliberalen und finanzfeudalistischen Variante, und verteufeln sie deswegen vorschnell, statt ihr Potenzial zu sehen. Kann es nicht auch von Nutzen sein, die Zukunft zu verstehen und von einer besseren Zukunft aus die Gegenwart zu verändern?

 

Armen Avanessian (1973 – ) & Hartmut Rosa (1965 – ), Gespräch auf der phil-cologne 2016 unter dem Titel „Wie viel Zukunft verträgt die Gegenwart?“, in: Philosophie Magazin Nr. 05/2016 (August/September), S. 60 – 65

Ein Artikel auf Zeitreise: der 2. Geburtstag!

Der folgende Artikel hat eine Zeitreise hinter sich: vom 01.01.2017 zurück in die Vergangheit an den 15.10.2016. Gründe und Sinn dieses Phänomens sind ebenso nebulös, wie es viele andere Ereignisse auf, in und rund um Quanzland waren, sind und sein werden.

Die Wirren des Anfangs sind vorüber: Erfahrungen, erbauliche wie ernüchternde, wurden erst gemacht, dann gesammelt und zuletzt anerkannt; Projekte wurden entworfen, teils realisiert, teils suspendiert oder doch schlicht wieder fallgelassen; Strukturen zuletzt haben sich etablieren können und halten dem Leben und Wirken von Satorius leidlich stand. Mit diesem knappen Resümee wollen wir von der Metatext-Redaktion eigentlich nur eines sagen und das tun wir in nicht geringer als bunt und formatiert:


Herzlichen Glückwunsch zum 2. Geburtstag Quanzland!

wünscht die gesamte Metatext-Redaktion


Wie anlässlich der letzten beiden Jubiläen (halbes & erstes Jahr) begonnen, haben wir auch dieses Mal eine kleine quantitative Übersicht der Inhalte zusammengestellt, um die Entwicklung des letzten Jahres sichtbar werden zu lassen. Diese noch frische Tradition werden wir fortführen und dadurch weiter kultivieren, so jedenfalls der beinahe einstimmige Beschluß der entsprechenden Redaktionssitzung. Satorius hatte hierzu – wie immer und zu fast allem – seine Einwände, welche wir aber knallhart ignoriert haben. Denn dieser Text ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen wir unsere unermüdliche Arbeit hinter den Kulissen auch einmal auf der digitalen Bühne erfahrbar machen können und da lassen wir uns nicht reinreden. Auch und besonders nicht von unserem werten Autoren, der sich gerne als mächtiger Protagonist gebärdet. Wenn aber zwölf Menschen gegen einen stimmen, bringt es diesem einen mal so überhaupt gar nichts, dass er der nominelle Chef des ganzen Projekts ist. Auch konnten wir diese Form der Basis-Demokratie vertraglich fixieren und damit gegen die feudalen bis autokratischen Tendenzen von Satorius durchsetzen. Seine Stimme zählt bei Abstimmungen zwar immer dreifach, sein Vetorecht hingegen darf er nur bei Kontroversen einlegen, die nicht eindeutig in unseren Kompetenzbereich fallen – wie zum Beispiel Metatexte aller Art und insbesondere Jubiläumstexte.

Also wohlan denn: Was ist im letzten Jahr passiert, wo wurde fleißig produiziert, wo doch eher träge vor sich hingegammelt?


Thema (+0)       Anzahl der Beiträge: 156 (+57)       Format  (+0)

Fiktionale Kleinode   80 (+10)

Text-Fast-Food   64 (+16)

Denkwelten   39 (+7)

Lichtrausch   35 (+7)

Originale   22 (+1)

Diskurse der Nacht   21 (+7)

Kulinarik    20 (+4)

Quanzland-Zeitgeschehen   16 (+6)

Lyrik-Alarm   14 (+4)

Metatext   10 (+2)

 

NEU: Text-Slow-Food   1 (+1)

Rätsel-Runde   1 (0)


Quantitativ geht es also sichtlich und weiterhin gut voran hier bei uns in Quanzland, wenn auch im Vergleich zum ersten Jahr etwas gedämpfter. Neues, wie das Unterformat Text-Slow-Food, ist entstanden, Altes und Strukturen wurde überdacht und abgewanbdelt. In Hinblick auf Qualität und Kontinuität jedoch sind wir unterdessen nicht rundum zufrieden, liegen deshalb Satorius auch ständig mit unseren Erwartungen und Ansprüchen in den Ohren: mindestens ein Artikel pro Woche, stete Durchmischung der Formate bzw. Themen, zwei Korrekturphasen nach der Abfassung eines jeden Artikels, mehr eigne Inhalte und so weiter. Aber es ist, wie es ist und er ist, wie er ist. In diesem Sinne gärt es also hinter den Kulissen; jedoch herrscht hierbei eine konstruktive Spannung, deren Dynamik wir derweil so produktiv transformieren konnten, dass weitere 57 Artikel entstanden sind.

Wenn uns und ihm zukünftig irgendwann auch noch eine echte, eine nicht nur anonyme und schweigende Leserschaft erwüchse, dann bekäme Quanzland einen äußeren Zweck, wäre damit nicht selbstgnügsamer Selbstzweck. Unterdessen aber, machen wir alle einfach weiter so!

Mit bilanzierenden Grüßen direkt aus dem Äther der digitalen Zeitfalten, Ihre Metatext-Redaktion

Zeit zum Kochen, höchste Zeit zum Publizieren

Während ein wachsender Stoß kulinarischer Manuskripte darauf wartet, ausformuliert, in Form gebracht und hier veröffentlicht zu werden, habe ich die Lotterie über die Zukunft der Kulinarik entscheiden lassen. Die grazile Hand einer attraktiven Mitarbeiterin aus der Metatext-Redaktion hat den Zufall bezirzt und für unsere Zwecke einspannen können.

Heraus kam bei diesem Einsatz das folgende Rezept, das dem etwas eingeschlafenen Thema der Kulinarik neuerlich Leben eingehaucht haben wird. Vom Futur Zwei geht es hierbei rasch ins Präsens und von da aus unweigerlich weiter ins Präteritum: Aus anbrandenter Zukunft wird nun, in den flüchtigen Augenblicken dieses letzten Satzes – seiner Teile, seiner Wörter, seiner Phoneme, seiner Buchstaben, seiner Lände und Dauer -, lebendige Gegenwart und diese erstart letztlich zu Vergangenheit, die sich in die Tiefen des Archivs der Kulianrik einschreibt.

Kontinuierlich kreativ kochend aber nicht permanent professionell publizierend, Euer Satorius


Pikant kombinierter Milchreis

Metadaten des Gerichts 

Kochniveau: 3/10  Dauer: ~ 45 Minuten  Art: Hauptgericht oder Dessert Kosten: Günstig

Rezept zum Ausdrucken: Pikant kombinierter Milchreis (PDF)

Zutatenliste – Milchreis

  • 1 Tasse Milchreis (ca. 250g)
  • 3 Tassen Milch (ca. 800g)
  • 6 EL Zucker
  • 1 Schote Vanille
  • 1 EL Zimt

Zutatenliste – Kompott

  • 1 Stange Rhabarber
  • 1/2 Glas Sauerkirschen
  • 1 EL Weißer Pfeffer (Bestenfalls Körner frisch mörsern)
  • 1 EL Honig
  • 1 EL Zuckerrübensirup
  • 2 ganze Nelken
  • 3 Korianderkörner
  • 2 Kardamomkapseln

Praxis-Anleitung

  1. Zunächst den Milchreis zubereiten. Dafür die Milch in einem mittelgroßen Kochtopf zum Kochen bringen. Damit die Milch dabei nicht überkocht, das tut sie nämlich gerne und leicht, entweder gar nicht oder beinahe kontinuierlich umrühren. In beiden Fällen die Hitze nach dem ersten Hochkochen der Milch auf ein Minimum reduzieren und bei geschlossenem Deckel weiter erwärmen.
  2. Früh den Milchreis, den Zucker und die Vanilleschote zur Milch hinzugeben. Die Schote zuvor sowohl auskratzen und das Mark in die Milch geben als auch den holzigen Rest komplett mitkochen.
  3. Nach ca. 15 – 20 Minuten (Je nach Herd und Vorliebe, denn auch Milchreis darf etwas fester sein) den Kochvorgang beenden und den Reis noch etwas ziehen lassen. Nun den Zimt unterrühren und den Rest der Schote entfernen.
  4. Zwischenzeitlich, während der Milchreis nur noch köchelt, kann mit der Zubereitung des Kompotts begonnen werden. Dafür zu Beginn den Rhabarber schälen und in kleine Stück schneiden.
  5. In einer Pfanne die Fruchtstücke mit dem Honig und dem Rübensirup bei mittlerer Hitze karamellisieren und nach wenigen Minuten mit den Kirschen und ihrem Saft ablöschen.
  6. Nelken, Koriander, Kardamom und Pfeffer (Sofern Körner verwendet werden) im Mörser fein zerstoßen und in die Pfanne geben.
  7. Das Kompott solange eindicken, bis der Kirschsaft fast verkocht ist und dann kurz abkühlen lassen.
  8. Zuletzt den lauwarmen Milchreis zusammen mit dem warmen Kompott servieren und gemeinsam genießen.

Es lebt noch nicht, aber es erdet schon mal!

The sky around Alpha Centauri and Proxima Centauri (annotated)

Digitized Sky Survey 2 – Davide De Martin & Mahdi Zamani, Die Himmelsregion um Alpha Centauri und Proxima Centauri (beschriftet)

Proxima Centauri and its planet compared to the Solar System

European Southern Observatory (ESO) – M. Kornmesser & G. Coleman, Proxima Centauri und sein Planet verglichen mit unserem Sonnensystem


Es lebt! Nein, halt und stopp: Fantasieüberschuss – soweit sind wir bisweilen noch nicht. Aber immerhin: es erdet in der nächsten Nähe!

Aller astronomischen Voraussicht und Analyse nach dreht in unserer direkten kosmischen Nachbarschaft ein terrestrischer Exoplanet seine rasanten Runden. Um den nur vier Lichtjahre entfernten roten Riesen Proxima Centauri kreist besagter Gesteinsplanet innerhalb der habitablen, also bewohnbaren, Zone in ca. 11 Tagen ein Mal um seine Sonne. Wie die Europäische Südsternwarte im Anschluss an die wissenschaftliche Publikation kürzlich in dieser Pressemitteilung mitteilte, haben Forscher des „Pale Red Dot“-Projekts den Planeten entdeckt, auf dessen Oberfläche sogar die Möglichkeit von flüssigem Wasser, wenigstens regional, nicht ausgeschlossen werden kann.

Das mag zunächst recht nüchtern und wenig spektakulär klingen, stellt aber nicht weniger als ein epochales Ereignis dar. Nachdem die Erde zur Kugel geworden war, sodann aus dem Zentrum des Sonnensystems auf Planetenbahn Nummer drei von neun (aktuell „acht“ oder bald doch wieder „neun“) verlegt wurde, die übrigen Planeten unseres Heimatsystems entdeckt und sporadisch sondiert worden sind, ist seit wenigen Jahrzenten auch die Skepsis widerlegt, ob es überhaupt extrasolare Planeten gibt. Dass nun ein womöglich  lebensfreundliches Exemplar so dicht am heimatlichen Sonnensystem entdeckt wurde, beflügelt sicherlich nicht nur die Fantasie einiger Science-Fiction-Fans, wie ich einer bin, sondern auch die Ambitionen von Wissenschaftlern, Politikern und Bürgern. Mit „nur“ 4 Lichtjahren stellt die Strecke eine Entfernung von ca. 39.735.067.984.839,36 km, sprich 39,7 Billionen Kilometer, dar, die im interstellaren Maßstab betrachtet so gering ist, dass eine Sonde eine praktikable Erkundungsoption sein könnte. Visionäre Projekte in dieser Richtung gibt es bereits, wenn auch unsere Generation schlechte Aussichten haben mag, die Ankuft mitzuerleben, so doch mit etwas Glück den Start.

Warum ist etwas durch seine Entfernung beinahe Unwirkliches so wichtig, weswegen überhaupt von Belang, wo es doch hier auf der Erde genug wirklich wichtige Herausforderungen und große Probleme zu bewältigen gilt? Eine berechtigte, ethisch bis moralische hochbrisante Frage, die zu stellen und zu beantworten ebenso Not tut, wie sie zugleich weitere kritische Fragen provoziert: Ist eine Beschäftigung mit solchen Themen nicht ein Symptom, wenigstens ein Indiz für gefährliche Tendenzen wie Fantasterei, (Politik- & Welt-)Verdrossenheit, Eskapismus, vielleicht gar unverantwortliche Verschwendungssucht?

In Teilen mag das stimmen; das große Bild hingegen sieht anders aus: Seit Anbeginn der menschlichen Zivilisation waren Entdeckung, Expansion und Eroberung wesentliche Triebfedern von Fortschritt und Kultur. Dass diese beiden als wertvolle Errungenschaften durchgehen, bezweifeln wohl nur hartgesottene Kritikernaturen. Zweifelsohne. Ja, dabei und dadurch wurde unbestritten viel Blut vergossen, sich mehr als ein mal die Hände heftig schmutzig gemacht und letztlich vieles unwiderbringlich beschädigt oder gar gänzlich zerstört. Dementgegen steht einiges mehr auf der Habenseite: die Besiedlung des kompletten Planeten, die Loslösung vom Mythos und damit die Öffnung des Geistes für Wissenschaft und Technik, die Erschließung von natürlichen Potenzen und die Schaffung ökonomischer Werte. Wenn also der Krieg tatsächlich der Vater aller Dinge sein sollte, so ist das Paar Wissendurst plus Abenteuerlust die zugehörige Mutterfigur und ich bin damit eindeutig und erklärtermaßen ein Muttersöhnchen.

Der Weg der Menschheit, der uns zunächst zu den solaren Planeten und sodann zu extrasolaren Planeten zu führen vermag, könnte nicht nur kräftezehrend sondern auch heilsam sein, würde er im Zeichen der Mutter beschritten. Individuen werden zwar immer und immer wieder in Konflikt geraten, aber eine im kosmischen Maßstab einige Menschheit, die ihre Rolle im Universum bescheiden betrachten lernt und gemeinsam an der Lösung ihrer Probleme arbeitet, wäre eine dankbare wie denkbare Folge diese Weges. Dabei muss es nicht unbedingt ein intelligenter Freund oder Feind dort draußen sein, der einen Umschwung im Selbst- und Weltverhältnis des Menschen einleitet würde; es mag bereits ausreichen wirklich anzuerkennen, dass man nicht alleine im Universum ist.  Somit würden wir ein verantwortlicher Teil eines größeren Ganzen, sei dieses Kosmos oder Chaos.

So kurz, knapp und eklektisch lässt sich die Kontroverse um die Weltraumfahrt mit Fernziel Milchstraße zwar nicht schlichten, aber als ein spekulatives Argument auf der Pro-Seite taugt die gemachte Überlegung eventuell. Und da wir und besonders ich lieber große Fragen stelle, als mir den Anschein geben zu wollen, diese sogleich ernsthaft und vollständig zu beantworten, betrachte ich diesen Text als kleinen Aufriss eines interessanten Themas und überlasse erstmal einer anderen Stimmen die Bühne:


 

Die lange und sehr vehement vertretene These von der Sonderstellung der Menschheit im Kosmos gerät zunehmend ins schwanken. Die, wie Sigmund Freud es nannte (obwohl er dabei etwas gänzlich anderes im Sinne hatte) dritte große narzistische Kränkung der Menschheit scheint unmittelbar bevorzustehen: Zu den Gewissheiten, dass die Erde nicht den Mittelpunkt des Universums markiert, und jener, dass der Mensch von affenartigen Wesen abstammt, könnte bald die Erkenntnis kommen, als intelligente Spezies nicht allein im Universum, also eben auch nicht der singuläre Höhepunkt einer irgendwie gearteten Schöpfung zu sein.

 

[…]

 

6. Fazit

 

Tatsächlich spricht, wenn man sich die Entwicklung des wissenschaftlichen Wissens in den letzten drei Jahrzehnten ansieht, alles dafür, sich – wie es die Anfangs erwähnte Konferenz der Royal Society getan hat – systematisch mit der Frage des ‚Erstkontaktes’ zwischen Menschen und Außerirdischen und dessen Folgen zu beschäftigen:

 

Erstens kann nach den astronomischen Erkenntnissen der letzten Jahre als fast sicher gelten, dass das Universum nur so von Planeten wimmelt, die prinzipiell die Möglichkeit für die Entstehung von Leben bieten. Gleichzeitig konnte die biologische Grundlagenforschung zeigen, dass überall dort auf der Erde, wo Leben möglich ist, dieses Leben auch tatsächlich existiert. Aus diesen beiden Befunden wird heute nicht nur von SETI-Enthusiasten gefolgert, dass die Entstehung von Leben in unserem Universum nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel ist. Und da wir heute nicht wissen können, ob bewusste Intelligenz ein inhärentes Potential biologischer Evolution ist, müssen wir Menschen damit rechnen, als intelligente Spezies nicht allein im Universum zu sein. Auch wenn wir es heute nicht definitiv wissen können.

 

Zweitens sammeln wir nicht nur mit zahlreichen Instrumenten passiv immer mehr Informationen über das Universum, sondern wir dringen auch mit Raumsonden aktiv immer weiter in unser Sonnensystem vor. Mit jedem Schritt in die Tiefen des Kosmos, mit jedem neuen Teleskop und jeder weiteren Raumsonde wächst die Wahrscheinlichkeit, Beweise für die Existenz außerirdischen Lebens zu finden – falls die These der weiten Verbreitung von Leben im Universum denn richtig ist. Und wenn zusätzlich noch die Annahme stimmt, dass biologische Evolution zumindest mit einer gewissen Chance zu bewusster Intelligenz führt, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, Belege irgendeiner Art für die Existenz außerirdischer Zivilisationen zu finden.

 

Und drittens schließlich wäre die Konfrontation mit einer außerirdischen Zivilisation unbezweifelbar einer der schwerwiegendsten Einschnitte in der bisherigen Menschheitsgeschichte: Die Gewissheit, als intelligente Spezies nicht allein im Universum zu sein, würde nicht nur unser wissenschaftliches und philosophisches Denken revolutionieren, sondern könnte auch eine Vielzahl schwerwiegender Auswirkungen bis hinein in unser alltägliches Leben haben. Wie diese genau aussehen werden, ist heute mit Gewissheit nicht zu sagen. Aus soziologischer Warte und unter Berücksichtigung unseres Wissens über asymmetrische Kulturkontakte auf der Erde scheint mir hier im Zweifelsfalle eine skeptischpessimistische Haltung als die realistischere. Für die SETI-Forschung, namentlich für die von einigen Unentwegten heute propagierte aktive Variante, bedeutet dies: Es ist wissenschaftlich gesehen sicherlich Hochtechnologie-, kulturell betrachtet jedoch Hochrisikoforschung. Und für die entsprechenden Technikfolgeabschätzungen ist es höchste Zeit.

 

Michael Schetsche, Menschen und Außerirdische – Mögliche kulturelle Konsequenzen des Erstkontakts mit dem maximal Fremden: S.4f. & S.17f. (Vortrag am 20.1.2011, Universität Kaiserslautern; Direktlink zur PDF)