Praktische Metaphysik – Oxymoron oder zukünftige Disziplin?

Wenn aber der Ausgang von Experimenten zu grundlegenden Fragen der Quantenmechanik Aussagen über Realismus, Positivismus, Subjektivismus, Determinismus, Lokalität zuläßt, ist es durchaus berechtigt, in diesem Zusammenhang von ›praktischer Metaphysik‹ zu sprechen.

 

Peter O. Roll (Unbekannt), Quantenmechanik und ihre Interpretationen: Spektrum.de – Lexikon der Wissenschaft (Direktlink zum Artiekl) [Rev. 30.07.15]


Oder man müsste umgekehrt denken und diesen Begriffen sowie den Fragen, auf die sie antworten, ihren metaphysischen Rang rückwirkend aberkennen. Was sogar anekdotisch – genauer und unklarer sogar etymologisch – begründbar ist, wenn man es darauf anlegt.

Die erste Metaphysik mit ihrem klassische gewordenen Fragenkatalog befand sich als Band in einer posthumen Edition der gesammelten Werke des hochverehrten Aristoteles (Direktlink) an einer ganz bestimmten Stelle und verdankt eben dieser Stellung im Textkorpus ihren Namen. Das was heutzutage und damit seit der griechischen Antike Grunddisziplin der Philosophie gewesen ist, war zunächst einmal einfach nur ein Text in einer systematischen Werksammlung. Sie stand buchstäblich μετά metá ‚danach‘, ‚hinter‘, ‚jenseits‘ von φύσις phýsis ‚Natur‘, ‚natürliche Beschaffenheit‘, also den umfangreichen Hinterlassenschaften des alten Herren zur frühen Naturwissenschaft aka Naturphilosophie. Dort lagen die Abhandlungen zur Metaphysik räumliche wie thematisch jenseits der Schriften zur Natur(-wissenschaft): ta meta ta physikaDas hinter, neben der Physik. Ohne noch über das Verhältnis zur Ontologie nachzudenken, habe ich es damit wohl mal wieder genug darauf angelegt.

Nun soll dem  Herausgeber der Aristoteles-Werke – ebenso posthum – der Nachweis seiner Schlampigkeit drohen? Hätte der gute alte Andronikos von Rhodos (Direktlink) die Seiten mit den besagten Themen doch etwas weiter vorne platziert – aber er war ja kein Prophet, noch gar Physiker! Eben diese Physik schickt sich im Lichte der modernen Quantentheorie nun mutmaßlich und hoffnungsfroh dazu an, die Grenzen ihres Begriffsumfangs – immerhin noch praktisch – aufzusprengen. Nur um damit ihrer verwelkten Stiefmutter Philosophie noch ein paar mehr ihrer Themen abspenstig zu machen; oder sollte ich gar sagen: Ihr noch ein paar Objekte zu entreißen?

Ich bin hochgespannt auf die erhofften experimentellen Fortschritte grob 100 Jahre nach Aufkommen der paradigmatischen Totengräberin namens Quantenmechink. Eines kann ich mir zu Abschluss einfach nicht verkneifen: Und Gott würfelt doch – Bäh, Albert E.!

Fröhliche Wissenschaft, ahoi! Euer Satorius

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